Wissen professionell vermitteln

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Menschen Wissen und Können vermitteln – vor dieser schwierigen Aufgabe stehen nicht nur Trainer und Lehrer. Auch Führungskräfte und Ausbilder müssen im Betriebsalltag oft Know-how weitergeben. Mit der ANKER-Strategie gelingt ihnen das ganz leicht.

„Wann merkt sich der das endlich?“ Das denken Führungskräfte und Ausbilder zuweilen, wenn sie einem Mitarbeiter oder Kollegen einen Sachverhalt schon mehrfach erklärt haben. Und nicht selten haben sie sogar das Gefühl: „Der ist etwas schwer von Begriff.“ Doch Vorsicht! Wenn ein Mitarbeiter oder Kollege sich etwas nicht merkt, sind selten eine mangelnde Intelligenz oder ein fehlendes Interesse die Ursache hierfür. Meist liegt es an der Wissensvermittlung, wenn Botschaften nicht wie gewünscht ankommen.

Wollen Sie es sich künftig ersparen, Dinge mehrfach zu erklären? Wenn ja, dann merken Sie sich das Wort „Anker“. Jeder seiner fünf Buchstaben steht für eine wichtige Regel, die es beim Vermitteln von Wissen zu beachten gilt. Sie lauten:

  • Anfang und Ende der „Unterweisung“ mit den wichtigsten Informationen bestücken. Denn: Was zu Beginn und am Schluss gesagt wird, bleibt am ehesten im Gedächtnis haften.
  • Nein“ und „nicht“ Denn: Diese Begriffe ignoriert unser Gehirn.
  • Kurz fassen. Denn: Das Kurzzeitgedächtnis, die Pforte zum Langzeitgedächtnis der Menschen, hat eine begrenzte Kapazität.
  • Emotionen hervorrufen und Bilder verwenden. Denn: Gefühle regen das Gehirn an.
  • Relationen zum Wissen des Vis-à-vis herstellen. Denn: Infos, die ein Mensch in Beziehung zu bereits vorhandenem Wissen setzen kann, verankern sich leichter.

Regel 1: Wichtige Infos an den Anfang und das Ende stellen

Die Informationen, die wir zuerst oder zuletzt hören, merken wir uns am ehesten. Diese Erkenntnis der Lernpsychologie nennt sich „Primacy-Recency-Effekt“. Wegen ihm achten zum Beispiel Marketingexperten beim Verfassen von Werbetexten besonders auf deren Anfang und Ende. Nutzen auch Sie diesen Effekt. Stellen Sie zum Beispiel bei Gesprächen mit Mitarbeitern die wichtigsten Botschaften konsequent an den Anfang und Schluss. Leiten Sie das Gespräch zum Beispiel mit einer Übersicht ein: „Ich möchte mit Ihnen darüber reden, wie Sie ….“ Und schließen Sie mit einem Fazit, das die Kernbotschaften zusammenfasst: „Besonders wichtig ist, erstens: …. Zweitens: ….Drittens: ….“

Diesen Effekt können Sie auch zum Beeinflussen von Entscheidungen nutzen. Untersuchungen zeigen: Die am Anfang und Schluss genannten Argumente haben auf Entscheidungen den größten Einfluss. Überlegen Sie sich also genau, in welcher Reihenfolge Sie Ihre Argumente vortragen.

Regel 2: Die Worte „Nein“ und „Nicht“ vermeiden

Stellen Sie sich einmal vor, ein Ausbilder rät Ihnen: „Denken Sie nicht an die Klausur.“ Was geschieht? Kaum hat er dies gesagt, entsteht vor Ihrem geistigen Auge beispielsweise folgendes Bild: Sie sitzen mit Kollegen in einem Raum. Vor jedem liegt ein Blatt Papier. Alle schreiben wie wild. Nur Ihr Papier ist leer. Dabei ist die Prüfung bald vorbei. Angstschweiß rinnt über Ihre Stirn und Ihre Hände sind feucht.

Warum erfolgt diese Reaktion? Das menschliche Gehirn assoziiert Wörter mit Gegenständen und Tätigkeiten. Die Worte „Baum“ und „hüpfen“ rufen zum Beispiel konkrete Bilder in unserem Kopf hervor. Das Wort „nicht“ hingegen lässt kein Bild entstehen. Also wird es von unserem Gehirn auch nicht unmittelbar verarbeitet. Häufig fällt es sogar unter den Tisch. Dann tun oder denken wir genau das Gegenteil von dem Gesagten.

Noch ein Beispiel: Ein Ausbilder will die Einführung in ein EDV-Programm locker gestalten. Also sagt er scherzhaft: „Kein Panik! Sie brauchen hierfür ja keine Programmiersprache lernen“. Dann steht in der Pause mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ein Auszubildender vor dem Ausbilder steht und sagt: „Ich hätte da mal eine Frage wegen der Programmiersprache.“ Denn sein Gehirn hat das Wort „keine“ ignoriert. Im Gedächtnis blieb nur die Information „Programmiersprache lernen“.

Sie wollen bei einer Person etwas bewirken? Dann sollten Sie Nicht-Botschaften vermeiden. Überlegen Sie stattdessen, welche positiven Bilder und „Drehbücher“ Sie in den Köpfen Ihrer Zuhörer aktivieren möchten. Und lassen Sie das Unerwünschte einfach weg.

Regel 3: Sich kurz fassen

Wenn Sie einer Person Infos geben, dann werden diese zunächst im Kurzzeitgedächtnis gespeichert. Und erst von dort gelangen sie ins Langzeitgedächtnis. Jedoch nur unter folgender Bedingung: Das Kurzzeitgedächtnis wird zwischenzeitlich nicht überlastet. Denn seine Speicherkapazität ist begrenzt. Prasseln zu viele Infos zugleich auf es ein, werden die älteren Infos sozusagen gelöscht, um den neueren Platz zu machen.

Als Faustregel können Sie sich merken: Das Kurzzeitgedächtnis kann nur sieben Informationen speichern. Dann ist seine Kapazität erschöpft. Das können sieben Namen, Zahlen oder Bedeutungszusammenhänge sein. Packen Sie also nicht alles Wissenswerte in eine „Lerneinheit“. Beschränken Sie sich auf die wichtigsten Punkte. Was weniger wichtig ist, können Sie Ihren Mitarbeitern oder Kollegen später mitteilen.

Regel 4: Emotionen wecken und Bilder nutzen

Gefühle beeinflussen das Lernen. Untersuchungen zeigen: Vor allem positive Gefühle regen das Gehirn zum Lernen an. Und wie wohl sich eine Person beim Lernen fühlt, hängt vor allem von der Lernatmosphäre ab.

Für eine positive Lernumgebung sind vor allem zwei Punkte entscheidend.

  1. das Zugehörigkeitsgefühl. Menschen lernen besser und leichter mit anderen. Besonders wichtig ist diese Erkenntnis, wenn es um Verhaltensänderungen geht. Denn hierfür genügt nicht die Lektüre von Büchern. Auch ein Ausprobieren und Sammeln von Erfahrung ist wichtig – zum Beispiel in Rollenspielen.

Damit Menschen in solchen Spielen über ihren Schatten springen, müssen sie jedoch das Gefühl haben: Ich werde akzeptiert. Niemand lacht gehässig über mich, wenn ich etwas falsch mache. Niemand denkt: Was für ein Versager. Dieses Gefühl „Ich gehöre dazu und bin akzeptiert“ müssen Sie – und die anderen Gruppenteilnehmer – den Lernenden vermitteln.

  1. das Gefühl von Wachstum. Also das Gefühl „Ich kann es, …“, „Ich schaffe es, wenn …“ Eine Voraussetzung hierfür sind Aufgaben, welche die Lernenden fordern, aber nicht überfordern. Denn jede gelöste (Teil-)Aufgabe ist ein Erfolgserlebnis. Und Erfolgserlebnisse lösen in uns Glückshormone aus. Und diese motivieren uns wiederum, den nächsten Schritt zu wagen.

Wenn Sie die Aufgaben entsprechend gestalten, können Sie bei Ihren Mitarbeitern oder Kollegen eine Kettenreaktion auslösen. Es entsteht sozusagen ein Motivationskreislauf aus „Lernen, Erfolg haben, Glück empfinden und wieder lernen“, der im Idealfall süchtig macht.

Und noch ein Tipp: Verpacken Sie die Lerninhalte in Bilder und Geschichten statt abstrakte Begriffe und Formulierungen zu verwenden. Denn erst Beispiele, Anekdoten und Bilder lassen die Infos im Kopf des Gegenübers lebendig werden und lösen in ihm Gefühle aus. Deshalb verankern sie sich besser.

Regel 5: Relationen herstellen

Für das Vermitteln von Wissen gilt wie für den Gartenbau: Ein guter „Gärtner“ ist, wer aus dem Vorhandenen das Bestmögliche schafft. Um die schönsten Blumen oder dicksten Kartoffeln zu züchten, muss ein Gärtner wissen: Wie ist der Boden beschaffen? Entsprechendes gilt für Wissensvermittler. Bringen Sie also vorab in Erfahrung: Was weiß mein Gegenüber bereits? Und: Welche Themen interessieren ihn? Dann können Sie auf das vorhandene Know-how aufbauen, und Sie vermeiden ein Über- und Unterfordern. Sie können zudem Verbindungen herstellen zu den Themen, die die Lernenden interessieren – zum Beispiel Mode, Autos, Fußball. Sie können zum Beispiel sagen: „Ein Arbeitsteam funktioniert wie eine Fußballmannschaft. Wenn nur ein Spieler rennt und zehn gelangweilt herumstehen, gewinnt man kein Spiel.“ So verpackt verankern sich Botschaften leichter.

Lernprozesse lassen sich mit einer Busroute mit mehreren Stationen vergleichen. Sie sind als Führungskraft oder Ausbilder der Busfahrer. Also sollten Sie wissen, an welcher Haltestelle die Lerner stehen. Dann können Sie diese dort abholen und mit dem Bus zum Ziel bringen. Denn Menschen haben nicht nur eine unterschiedliche Geschichte, sondern auch verschiedene Interessen, Kenntnisse und Erfahrungen. Also müssen sie an verschiedenen Haltestellen abgeholt werden.

 
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