Warum es sich in der Zusammenarbeit 4.0 lohnt, vorwärts UND rückwärts zu gehen

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Das Wissenszeitalter stellt alle Unternehmen vor komplexe Herausforderungen. Die Antwort darauf lautet Zusammenarbeit 4.0. Sie ist gekennzeichnet durch flexible Teamgestaltung aus internen Mitarbeitern verschiedener Abteilungen und Standorte, Freiberuflern, Kunden und Lieferanten, ja manchmal sogar Mitbewerbern. Sie beinhaltet die Zusammenarbeit von unterschiedlichen Disziplinen, Kulturen und Persönlichkeiten – oft ohne sich live zu treffen und meist unter hohem Ergebnisdruck. Die Gefahr ist, dass am Ende trotz großem Einsatz – persönlich wie finanziell – nichts herauskommt.

Jede Zusammenarbeit lebt von schnellen Erfolgserlebnissen, also einer Wertschöpfung. Nichts fördert die Motivation und das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit stärker. Deshalb ist es in Projekten nicht nur wichtig, den Weg zum Ziel zu planen, sondern frühzeitig und kontinuierlich werthaltige Zwischenergebnisse zu erzielen.

Der Stoff für erfolgreiche Kooperationen

Im Frühjahr 2010 lud Elon Musk, der CEO von Tesla, Akio Toyoda, den CEO von Toyota in sein kalifornisches Heim ein, um gemeinsam eine Probefahrt mit dem neuen Tesla Sportwagen zu machen. Beide erkannten schnell, dass das jeweils andere Unternehmen etwas hat, das dem eigenen fehlt. Toyota, der japanische Traditionsautohersteller und die wertvollste Automarke der Welt, hat Geld, ein hoch effektives Produktionsverfahren und Reputation. Tesla, das erst 2003 gegründete Elektro-Turbo-Startup mit dem Ziel, den Autoantrieb zu revolutionieren und den Wandel von einer Verbrennungs- zu einer Solar-Elektro-Wirtschaft voranzutreiben, hat Innovationsgeist und Know-how auf einem der Zukunftsmärkte des Automobilgeschäfts. Musk bewunderte Toyota seit langem und Akio Toyoda beschrieb die Testfahrt mit dem Roadster mit den Worten: „Ich fühle den Wind der Zukunft.“

Arbeitsebene als Hürde

Die beiden Unternehmenschefs entschlossen sich zu einer Kooperation, die auf die gemeinsame Entwicklung der zweiten Generation des Toyota RAV4 EV als Elektrofahrzeug zielte und aus der möglicherweise ein elektrogetriebener Lexus hervorgehen sollte. Der weltgrößte Automobilhersteller kooperierte mit dem laut Forbes 2015 innovativsten Unternehmen weltweit. Das ist der Stoff, aus dem Erfolgsgeschichten geschrieben werden, falls die Hürden der kooperativen Zusammenarbeit gemeistert werden. So enthusiastisch sie auch von den Unternehmensspitzen gestartet wurde, ist sie dann doch auf der praktischen Arbeitsebene gescheitert. Bereits 2014 wird das Ende der Kooperation erklärt. Es werden verschiedene offizielle Gründe genannt, letztendlich soll die Kooperation allerdings an Banalitäten, wie der Handbremse des Elektrofahrzeuges gescheitert sein, über die die beteiligten Ingenieure beider Unternehmen in die Wolle geraten sein sollen.

Wertschöpfungspunkte auf allen Ebenen

Das gemeinsam entwickelte Fahrzeug verkaufte sich mit knapp 2.500 Exemplaren in den USA denkbar schlecht und hat viele Reklamationen. Dazu kommen vier Jahre Produktionszeit und Personalaufwand. Eine komplett fehlgeschlagene Kooperation? Dazu sind sowohl Toyoda als auch Musk wohl zu clever. Die beiden gehen 2010 nicht nur die Kooperation zur Entwicklung des RAV4 ein. Sie vereinbaren auch, dass Toyota Anteile an Tesla in Form eines Aktienpakets im Wert von 50 Millionen Dollar kauft und Tesla eine voll ausgestattete, aber geschlossene Fabrik in Kalifornien zu einem Schnäppchenpreis erhält. Zum Ende der Kooperation ist das Tesla-Aktienpaket, das Toyota erworben hat, 700 Millionen Dollar wert und Tesla konnte längst die Produktion des Model S in der günstig erworbenen Fabrik starten. Toyoda und Musk haben bei aller Begeisterung über die Kooperationschancen nicht versäumt, über weitere Wertschöpfungspunkte nachzudenken. Allerdings wohl nur auf ihrer Ebene. Auf Projektebene wurde das versäumt.

Ein langer Weg …

In jedem Projekt werden Pläne gemacht und die Schritte zum vorgegebenen Ziel definiert. Aber der Weg, bis das Ziel einer kooperativen Zusammenarbeit erreicht ist, kann lang sein. Es gibt Ablenkungen und andere Projekte, die Zeit und Aufmerksamkeit fordern. Es gibt Hindernisse, Rückschläge und Unstimmigkeiten. Die Beteiligten beginnen sich zu fragen, ob man das Ziel nicht doch besser alleine erreichen kann als gemeinsam. Ob man mit den falschen Menschen zusammenarbeitet. Und vor allem, ob sich der ganze Einsatz überhaupt jemals lohnt. Das dämpft die Motivation gewaltig. Je geringer die Motivation, desto geringer das Engagement für gemeinsame Lösungen. Je geringer das Engagement für gemeinsame Lösungen, desto wahrscheinlicher ist das Scheitern des Projektes. Wie im Falle der Zusammenarbeit der Tesla- und Toyota-Ingenieure. Wie kann man diesem Teufelskreis entgehen – und das nicht nur in unternehmensübergreifender Zusammenarbeit?

… braucht logische Schritte zum Endergebnis

Normalerweise planen wir vorwärts, auf das Endergebnis hin. Jeder Schritt soll logisch dazu beitragen, dass dieses Ziel zum vorgesehenen Zeitpunkt erreicht wird. Es liegt in der Natur der Sache, dass viele Arbeiten für sich alleine kein individuell nutzbares Ergebnis liefern, aber im Hinblick auf das Gesamtziel absolut sinnvoll sind. Nehmen wir das Beispiel eines Hausbaus. Die Errichtung eines Hauses besteht aus vielen grundlegenden Arbeiten. Das Fundament betonieren, die Wände und das Dach errichten, Wasser-, Abwasser- und Elektroanschlüsse legen, den Estrich und die Installationen einbauen, die Wände verputzen, fliesen, Bodenbeläge einbringen, tapezieren, malern etc. Die Aufgaben werden so geplant, dass die einzelnen Gewerke sinnvoll nacheinander ausgeführt werden. Irgendwann ist das Haus dann bezugsfertig – wenn nichts dazwischenkommt.

Unwägbarkeiten bei komplexen Projekten

Wer jemals mit einem Hausbau oder Umbau zu tun hatte, weiß, dass sehr viel dazwischenkommen kann. Jede Abweichung vom Plan hat Auswirkungen auf die nachfolgenden Arbeiten und führt zu Verzögerungen. Wer hat nicht schon von Freunden gehört, die ihre bisherige Wohnung bereits gekündigt haben, im Vertrauen darauf, dass das Haus rechtzeitig fertig sein wird. Dann steht plötzlich der Termin des Auszugs vor der Tür, im neuen Haus ist aber noch kein Raum bewohnbar. Dabei wäre der Hausbau doch ein vermeintlich überschaubares Projekt. Was können wir tun, um eine kontinuierliche Wertschöpfung und die damit verbundenen Erfolgserlebnisse zu schaffen? Was den Hausbau angeht, können wir uns ein Beispiel an südlichen Ländern nehmen. Menschen wohnen in scheinbar halbfertigen Häusern. Aus einer Zwischendecke steht die Betonarmierung heraus, das Haus ist nicht verputzt und manche Zimmer haben keine Fenster. Aber doch gibt es in einem Bereich genau die Ausstattung, die es ermöglicht, bereits darin zu wohnen. Es wurde ein Wert geschaffen, obwohl das Endziel noch nicht erreicht ist. Bei einem Haus würde die Wertschöpfung wohl darin bestehen, eine funktionierende Toilette zu haben, dann ein Badezimmer mit Warmwasser, ein Schlafzimmer, ein heizbares Wohnzimmer und eine Küche.

Rückwärts planen schafft frühe Wertschöpfung

Um eine kontinuierlichen Wertschöpfung zu schaffen, planen wir vom Endergebnis wieder rückwärts. Mit dem Ziel und der Vision haben wir definiert, welcher Wert am Ende geschaffen werden soll. Jetzt lautet die Frage, welche Zwischenschritte einen Teil dieses Werts bereits früher liefern können.

stahl FAZusammenarbeit 4.0 braucht Erfolgserlebnisse in Form von greifbaren Ergebnissen und zwar frühzeitig und kontinuierlich. Die Zielvereinbarung und die Vision beschäftigen sich mit dem Endergebnis. Aber welche Wertschöpfung kann zwischendurch stattfinden? Was können wir so schnell wie möglich realisieren, das den Beteiligten einen substanziellen Nutzen bietet? So, dass wir sagen können, es hat sich doch gelohnt, auch wenn wir das Ziel nicht erreichen.

Über die Autorin:

Ulrike StahlSilodenken macht Menschen müde. Als Gemeindekämmerin hat Ulrike Stahl das selbst erlebt. Ihren Erweckungsmoment hatte sie bei den Vereinten Nationen, wo Kooperation und Kollaboration weltweit Frieden, Recht und Wohlstand fördern. Seit über 15 Jahren berät sie Unternehmen, Führungskräfte und Entrepreneure, wie sie den Erfolgsfaktor WIR für sich nutzen und erfolgreich kooperieren. Als Professional Speaker inspiriert sie mit ihrem Credo: „Kooperativ. Kollaborativ. Kokreativ. So geht WIRTSCHAFT!“

 
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