
Wenn jeder an sich selbst denkt, ist an alle gedacht?!
Ehrlichkeit im Verkauf wird leider immer mehr zur Seltenheit. Zur Ehrlichkeit gehört nicht nur das Verhalten vor dem Kauf, sondern auch danach – schließlich geht es um den gemeinsamen Auftrag und die daraus resultierenden moralischen Verpflichtungen. Es gibt Verkäufer, die entscheidend zum schlechten Image ihres Berufsstandes beitragen, aber auch so mancher Kunde wird immer durchtriebener und frecher. Wenn diese beiden Spezies stets miteinander Handel treiben würden, wäre das nicht weiter schlimm, aber leider gerät so manch ahnungsloser Kunde an den falschen Verkäufer – und andersherum.
Der „schlechte“ Verkäufer
Es gibt viele Verkäufer, die nicht mitdenken. Sagt der Kunde beispielweise, dass er A möchte, verkauft ihm der Anbieter hemmungslos A. Doch Verkäufer haben auch die Pflicht, über den Tellerrand zu blicken und den Kunden vor einem möglichen Fehlkauf zu schützen. Dies kann nur durch eine saubere Kundenergründung geschehen. Fragen wie „Was haben Sie denn genau damit vor?“ oder „Was versprechen Sie sich vom Kauf?“ werden viel zu selten gestellt. Die Denkhaltung der „schlechten“ Verkäufer ist: „Der Kunde wollte A, also bekommt er auch A – und wenn er die falsche Diagnose gestellt hat, dann ist er eben selbst Schuld.“ Dabei sollte gerade der Anbieter aufgrund der Antworten auf seine Fragen wissen, welche Lösung der Kunde wirklich braucht, um damit auch mittelfristig Erfolg zu haben.
Ehrlichkeit wäre beispielsweise, offen zu sagen, dass man nicht der richtige Lieferant ist, weil man einfach nicht die passende bzw. beste Lösung für den Kunden hat. Oder aber zu sagen: „Sie wollen A – aber ich verkaufe Ihnen das nicht. Wenn, dann nur B, weil dies die beste Lösung für Sie ist.“
Der „böse“ Verkäufer
Zu dieser Kategorie gehören die Verkäufer, welche lediglich kurzfristig den Abschluss wollen und den Kunden danach alleine lassen. Dieses Phänomen ist u. a. aus der Finanzbranche bekannt: Der Kunde hat unterschrieben und wenn dann die Anlage nicht so läuft, wie vollmundig versprochen, wird lapidar auf den unterschriebenen Risikohinweis verwiesen. Mit suggestiven Aussagen wie „Sie glauben doch nicht, dass ich Ihnen diese Anlage verkauft hätte, wenn ich gewusst hätte, dass sie so schlecht läuft!“ wird zusätzlich versucht, den Kunden für dumm zu verkaufen. Die Denkhaltung solcher Verkäufer ist, dass der Kunde durchaus das gesamte Kleingedruckte hätte lesen können, aber wenn er zu faul ist oder ihm sogar glaubt, dann hat er ja selbst Schuld. Dass letztendlich aber beide den Vertrag unterschrieben haben und nun gemeinsam durch dick und dünn zu gehen haben, wird ausgeblendet.
Ehrlichkeit ist, auch nach dem Kauf für den Kunden da zu sein und ihm dabei zu helfen, durch den Kauf glücklicher / erfolgreicher zu werden. Und sollte es wider Erwarten nicht so laufen, gilt es, sich nicht aus dem Staub zu machen, sondern zu helfen, beispielsweise durch Beratung, Umtausch, Gutschrift oder die (teilweise) Rückerstattung von kassierten Gebühren.
Der „egoistische“ Kunde
So manche Kunden sind Meister darin, sich wichtig und ihren Lieferanten für alles Unheil der Welt verantwortlich zu machen. Bedienen sie beispielsweise eine Maschine falsch und diese geht dadurch kaputt, dann soll der Lieferant dafür bitte geradestehen und die Kosten übernehmen. Und wenn der Kunde sein Lager schlecht führt und falsch bestellt, dann hat selbstverständlich der Anbieter ohne Wenn und Aber die Ware sofort zu retournieren – natürlich unentgeltlich. Solche Kunden sehen ihre Lieferanten als Mittel zum Zweck. Sie meinen, der Verkäufer müsse ihnen dankbar sein, dass sie überhaupt mit ihm zusammenarbeiten. Dass Kunden mit dieser Einstellung häufig nur Geld und Nerven kosten, bemerken Verkäufer oft nicht.
Mit mehr Ehrlichkeit würden Kunden offener eigene Fehler zugeben, nicht gleich Wunder vom Lieferanten erwarten und ihm durchaus auch einmal Wertschätzung für sein Engagement entgegenbringen. Beispielsweise, indem die etwas über dem Marktdurchschnitt liegenden Preise akzeptiert werden oder das Bestellvolumen zugunsten des engagierten Anbieters ausgebaut wird.
Der „kriminelle“ Kunde
Diese Art von Kunden ist dafür mitverantwortlich, dass in Deutschland Arbeitsplätze vernichtet sowie Produkte und Dienstleistungen immer teurer werden. Viele kaufen zwar gerne, „vergessen“ aber das Bezahlen. Manche überziehen einfach aus Gewohnheit die Zahlungsfristen um einige Wochen, zahlen jedoch immerhin. Andere lullen ihre Gläubiger mit vollmundigen Versprechen ein, dass sie das Geld schon überweisen werden, auch wenn sie wissen, dass das eh nicht passieren wird. Leider gibt es immer mehr Kunden, die schon beim Kauf wissen, dass sie die Rechnung nicht fristgerecht bezahlen können. Bedauerlicherweise ist dieser Vorsatz nur schwer zu beweisen …
Ehrliche Kunden sprechen schon vor Vertragsabschluss offen über ihre finanziellen Probleme, sodass sich ein Lieferant überlegen kann, ob er diesen Auftrag annimmt oder nicht. Und wenn unerwartete Zahlungsschwierigkeiten drohen, warten sie nicht bis zur dritten Mahnung, sondern suchen sofort aus eigenen Stücken den Kontakt zu ihren Gläubigern, damit diese entsprechend planen können.
Verkäufer werden auch zukünftig gute Geschäfte machen, wenn sie Werte und Tugenden wie Ehrlichkeit, Verlässlichkeit und Engagement leben, denn gerade diese fehlen in der heutigen Zeit zunehmend. Menschen kaufen von Menschen! Darum werden die Verkäufer gewinnen, die nicht nur für ihre Kunden da sind, wenn es einen Auftrag zu holen gibt, sondern auch dann, wenn der Auftrag unterschrieben ist.
Über den Autor:
Oliver Schumacher ist Experte für Verkaufserfolge. Der fünffache Buchautor liefert inspirierende Vorträge, praxisorientierte Verkaufstrainings und motivierende Verkaufsbegleitungen. Seine Kunden schätzen seinen Pragmatismus, seine Leidenschaft für das Verkaufen und seine humorvolle Art und Weise, in der er durchaus komplizierte Sachverhalte anschaulich und umsetzbar präsentiert.