Virtuelle Teams: Über alle Grenzen hinweg erfolgreich!

Virtuelle Teams: Über alle Grenzen hinweg erfolgreich
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Lesedauer: 5 Minuten

Wie selbstverständlich können sich heute internationale Teams im Handumdrehen verabreden. Für routinierte Treffen bedarf es keiner großen Reiseplanung mehr und der ferne Kollege oder die noch entferntere Kollegin sind per Mausklick erreichbar. Längst gehört es zu einem normalen Arbeitsumfeld dazu, auch virtuell zu kommunizieren und dabei   grenzüberschreitend ausgerichtet zu sein.

Die Lösungsansätze liegen dabei auf globaler Ebene. Durch die vielfältigen Möglichkeiten, sich mit seinem weltweiten Team virtuell zu besprechen, gehören Einblicke in andere Kulturen und Handlungsalternativen wie selbstverständlich dazu. So lässt sich in Sekundenschnelle die Perspektive wechseln und eine Situation von der anderen Seite des Globus‘ beleuchten. Das wirft die spannende Frage auf: Was wird von den verschiedenen Kulturen tatsächlich wahrgenommen und wie ist die persönliche Einschätzung? Denn jede Situation wird zunächst so bewertet, wie sie aus der eigenen Kultur vertraut ist. Die Suche nach diesem Vertrautem hilft schnell dabei, Dinge zu sortieren, abzuwägen und zu einem Ergebnis zu gelangen.

In internationalen Teams ist es daher umso wichtiger, dass jedes Mitglied nicht nur die Perspektive wechseln kann, sondern die damit verbundenen Werte der jeweiligen Kultur auch erkennt und nachvollzieht. Während die Handlungsmuster und -wege in der eigenen Kultur sehr vertraut sind, können diese in anderen Ländern erheblich von dem abweichen, was bisher denkbar erschien, und somit zu völlig neuen Lösungsansätzen führen. Interkulturelle Kompetenz ist der Schlüssel, um aus dem „Anders Sein“ ein internationales Miteinander zu entwickeln und für jedes Mitglied im Team eine gute Arbeitsatmosphäre zu schaffen.

Interkulturelle Kompetenz – bereits ein paar Kniffe wirken Wunder

Auf der Spurensuche nach den interkulturellen Unterschieden gelangt man schnell zu Ergebnissen aus verschiedenen Kulturtheorien, wie sie zum Beispiel von Geert Hofstede oder Edward Hall entwickelt wurden. Nach langjähriger Forschung sind in diesen Studien den kulturellen Merkmalen bestimmte Werte zugeordnet. So werden die individuellen Ausprägungen rasch sichtbar und können mühelos miteinander in Bezug gesetzt werden. Ohne sich hier auf das Zahlenwerk an sich zu fokussieren, reichen bereits ein paar kurze Überlegungen, um für die Wirkung der kulturellen Unterschiede ein erstes Gespür zu bekommen.

So setzen die meisten virtuellen Teams einen bestimmten Standard für den Umgang miteinander voraus: Locker und wertschätzend darf es sein, möglichst lösungsorientiert und dies alles bei sehr flachen Hierarchien. Nun geht allerdings nicht jede Kultur gleichermaßen mit Hierarchien um, und es gelten zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden vielleicht andere Verhaltensregeln als in der eigenen Kultur. Auch der Grad der Individualität kann sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Was bei der Präsentation eigener Ideen in einer sehr offenen Kultur eher von Selbstbewusstsein und Kreativität zeugt, gilt in einem anderen kulturellen Kontext vielleicht als arrogant oder gar überheblich. Der Grad der hierarchischen Struktur eines Teams ist unmittelbar mit der Ausprägung der Individualität verbunden. Je individueller sich Mitglieder in einem Team äußern und bewegen können, desto geringer sind die Hierarchien verteilt. Im Umkehrschluss kann es Teammitglieder aus einem eher kollektivistischen Kulturansatz überfordern, plötzlich in einer virtuellen Begegnung die eigene Meinung präsentieren zu müssen.

Ein weiteres Beispiel, an dem solche Unterschiede gut zu erkennen sind, ist der Umgang mit Zeit. Wer setzt fest, welche Maßstäbe für die Einhaltung von Abgabefristen oder Terminen gelten? Und was passiert, wenn die Regeln der eigenen Kultur nicht mit den Regeln der anderen vereinbar erscheinen? Schnell kommt es auch hier zu Konflikten: Die eine Seite fühlt sich unter Druck gesetzt, während die andere Seite ihr Unverständnis darüber zum Ausdruck bringt, dass die gesetzten Termine nicht beachtet werden können. Aber was gilt als normale Gepflogenheit? Dinge nacheinander linear abzuarbeiten, oder völlig flexibel und über Umwege zum Ziel zu kommen? Missverständnisse sind vorprogrammiert, wenn aus Unwissenheit über die Sitten der anderen Kultur das eine Verhalten als zu unflexibel und das andere als zu volatil wahrgenommen wird.

Um solchen Situationen vorzubeugen ist es hilfreich, sich zuvor mit den kulturellen Unterschieden zu beschäftigen. Was häufig als Schüchternheit oder Arroganz registriert wird, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen rasch als Eigenheit im jeweiligen Land. Ebenso ist eine flexible Vorgehensweise nicht direkt Ausdruck einer mangelnden Organisation, sondern vielleicht eine völlig normale Art der Problemlösung in diesem Team. Jenen Unterschieden mit Respekt und Wertschätzung zu begegnen ist die Herausforderung der interkulturellen Kompetenz, und das nicht nur für virtuelle internationale Teams.

Interkulturelle Besonderheiten – Länder im Vergleich

In der Praxis führen trotz bester Absicht zahlreiche Situationen durch Unwissenheit zu Unklarheiten. Häufig gestellte Fragen gibt es beispielsweise im Zusammenhang mit der amerikanischen und der asiatischen Kultur. Während es in Amerika als löblich und völlig selbstverständlich gilt, zielstrebig und wortgewandt die eigene Meinung individuell zu vertreten, führt dies im asiatischen Umfeld häufig zu Irritationen und hemmt dadurch den Gesprächsfluss und die Bereitschaft, frei zu sprechen und diskutieren zu können.

Bei Kontakten mit deutschen Teams liegt die Herausforderung darin, mit der Klarheit in der Kommunikation umzugehen und die direkte Ansprache durchaus als wertschätzend und Art des höflichen Miteinanders zu verstehen. Wiederum wird skandinavischen und niederländischen Teams nachgesagt, eine kameradschaftliche, freundschaftliche Grundhaltung vorauszusetzen. Dies wirft bei Teams aus hierarchisch orientierten Kontexten, wie zum Beispiel Polen oder Mexico, große Probleme im Verhalten auf. Unsicherheiten im Umgang, offengebliebene Fragen in den Diskussionen und nur halbwegs verstandene Inhalte sind die Folge. Einige dieser Themen können im Nachhinein noch per Mail abgearbeitet werden, allerdings ist das oft ein mühsamer Prozess im ohnehin schon sehr eng terminierten Wochenablauf.

Ein weiterer Punkt, der Kulturen maßgeblich voneinander unterscheidet, ist die „Genussfähigkeit“. Dies beschreibt einerseits das Pflichtbewusstsein oder eben andererseits die Bereitschaft, bei anstehenden Aufgaben auch einmal ein Auge zudrücken zu können. In dem Zusammenhang wird bemessen, ob eine definierte Regel auf alle Fälle universell anwendbar ist, oder ob es Ausnahmen gibt. Während eine Kultur einen stabilen Apparat von Lösungen und Strukturen benötigt, lebt eine andere Kultur gut damit, jeweils neue Antworten und Ergebnisse in der individuellen Situation zu finden. Diese Vorgehensweise kann in dem jeweils anderen Team Unverständnis auslösen und zu einigen fehlerhaften Annahmen führen.

Die Art und Weise, Projekte zu planen und mit Veränderungen an sich umzugehen, bietet ebenfalls ein breites Spektrum an möglichen Handlungsalternativen. Verständlich, dass demzufolge auch die unterschiedlichen Wege der Zukunftsplanung eine Ursache für viele Diskussionen in internationalen Teams ist. Da gibt es vielleicht ein Team, das mit großartigen Ideen zur Veränderung aufwartet und bereits einen komplexen Plan dazu ausgearbeitet hat, der bis weit in die Zukunft reicht. Ein anderes Team hingegen hat sich zu derselben Aufgabe völlig andere Gedanken gemacht und beharrt auf dem, was „schon da“ ist. „Das haben wir schon immer (wahlweise noch nie) so gemacht und das war auch immer gut so!“ sind häufige Formulierungen, die dann an der Tagesordnung sind. Hier hilft es zumindest ein Stück weit zu verstehen, aus welcher kulturellen Motivation heraus diese Planung entwickelt wurde. Und meistens lässt sich auf diesem Weg auch ein guter Kompromiss finden.

Interkulturelle Herausforderung – komplex und doch machbar!

Aus diesen wenigen Beispielen lässt sich sehr schnell erkennen, dass ein internationales Team besondere Herausforderungen mit sich bringt. Ist es zusätzlich virtuell organisiert, kommen einige weitere Punkte hinzu: Alle Anwesenden sind auf dem Bildschirm, möglichweise nur auf kleinen Kacheln, abgebildet. Die wesentlichen Unterschiede lassen sich also weder an der Körpersprache noch an der realen Umgebung festmachen. Nur über interkulturelles Training und die Bereitschaft, dieses Bewusstsein in das alltägliche Handeln zu integrieren, wird es gelingen, die Bedürfnisse jeder Kultur in einem Team wahrzunehmen und wertschätzend miteinander zu verbinden. Zu hoffen bleibt, dass auch die Differenzen als wertvolle Bausteine für ein positives und effektives Miteinander verstanden werden.

Als wären die interkulturellen Unterschiede nicht schon Herausforderungen genug, gesellen sich dazu die persönlichen und individuellen Eigenschaften jedes Menschen, sowie die jeweiligen Gegebenheiten im Umfeld eines Teams und der Organisation. Es ist tatsächlich sehr komplex und ein Aspekt kann kaum ohne die Berücksichtigung der anderen Komponenten gelöst werden.  Dabei braucht unsere globale Welt vor allem eines: Eine stabile, dem Menschen zugewandte Basis, auf der sich alle, unabhängig von ihrem kulturellen Hintergrund, verständigen können.

Über die Autorin:

Petra MottePetra Motte arbeitet seit vielen Jahren als Trainerin, Beraterin, Coach und Mediatorin. In Südostasien sammelte sie über 10 Jahre lang internationale Erfahrungen, die sie inzwischen auf Konzern- und Unternehmensebene einbringt. Prozessoptimierung, ganzheitliches Change-Management, virtuelle Entwicklung oder interkulturelle Fragen – die große Leidenschaft von Petra Motte sind die Menschen, die hinter den Zahlen stecken.

 
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