Stress lass nach – Einmal entspannen bitte!

Stress lass nach - Einmal entspannen bitte
Lesedauer: 7 Minuten

Alle Geisteswissenschaften sind sich darüber einig, dass ein Leben in Glück, Zufriedenheit und Ausgeglichenheit nur dann möglich ist, wenn sich Geben und Nehmen im Einklang befinden. Nirgendwo findet sich das Symbol des Gebens und Nehmens so sehr wie bei der Atem- und Herztätigkeit: Beim Einatmen, das das Herz mit Blut aus der Lunge füllt und es so mit lebensspendendem Sauerstoff sättigt – gereinigt von allen „Abgasen“ (flüchtigen, gasförmigen Abfallstoffen) und beim Ausatmen, das das Blut in den Blutkreislauf pumpt.

Wir holen erst einmal tief Luft, bevor wir etwas angehen und wir lassen die Luft ab, wenn wir uns entspannen. Es ist, als ob wir die Energie in uns hineinholen – sowohl um aktiv zu sein, als auch um zu regenerieren. Die untrennbare Verknüpfung zwischen unserer Atem- und Herztätigkeit ist ebenso zutiefst verbunden mit unserer Fähigkeit, auf Heilreize zu reagieren, um unseren Körper und Geist in den Prozess der Heilreaktion übergehen zu lassen.

Sämtliche östliche Entspannungs- oder Meditationsübungen und sich daraus ergebende Techniken wie Hypnose, Selbsterfahrung und Stressbewältigung haben zwei wesentliche Gemeinsamkeiten: die Atemfrequenz und die Herzfrequenz. Aus allen medizinischen Wissenschaften und der Psychotherapie auf der ganzen Welt geht einhellig hervor, dass die Atem- und die Herzfrequenz unmittelbar voneinander abhängig sind. In einer Stresssituation atmen wir flacher und schneller und die Herzfrequenz ist hoch, in Ruhephasen atmen wir hingegen tiefer und langsamer und die Herzfrequenz ist niedrig. Dies geschieht in unmittelbarer Verknüpfung mit den beiden wesentlichen Anteilen unseres vegetativen Nervensystems, dem Sympathicus und dem Parasympathicus.

Stress gehört dazu

Zunächst müssen wir uns eines von vornherein bewusst machen: Stress ist in keinster Weise der Feind unseres Lebens, sondern er ermöglicht uns, uns mit unserer Umwelt physisch und psychisch auseinanderzusetzen. Gerade der Stress ist es, der uns befähigt, zu reagieren und der uns motiviert und antreibt, etwas zu tun oder etwas zu ändern. Ohne Stress wäre das Leben langweilig! Jede Stressreaktion dient nur einem einzigen Ziel: Den Stress zu überwinden und einen stabilen Zustand wiederherzustellen, um so die Voraussetzung zu schaffen, auf neue Stresseinflüsse reagieren zu können. Wir lernen, Stress zu begegnen und was wir in bestimmten stressigen Situationen tun können, um diese zu bewältigen. Dies geht so weit, dass wir üben können, dem Stress von Zeit zu Zeit sogar aus dem Weg zu gehen. Stress ist also ein lebensnotwendiger Stimulator und damit ist – per definitionem – jeder Stress, sowohl physischer als auch psychischer Natur, zu jedem Zeitpunkt unseres Lebens zunächst einmal ein Eustress.

Physische Auswirkungen aufgrund psychischer Belastung

Problematisch wird es dann, wenn wir beispielsweise aufgrund einer Störung unserer physischen und/oder psychischen Ausgangsleistung, verbaler Attacken, Emotionen (Wut, Ärger, Aggression und vor allem Angst in allen Variationen) oder aufgrund von beruflichem oder familiärem Dauer- und Langzeitstress an die Grenzen unserer Belastbarkeit kommen. Erst dann baut sich ein Disstress auf. Entscheidend hierbei ist, dass die unterschiedlichsten Stressoren immer auf die gleichen Zielorgane einwirken. Zugleich führt Stress immer zur Aktivierung sowohl von neuronalen als auch von hormonellen Signalen.

Stress wirkt sich auf den Körper aus – ob positiv oder negativ, das können wir manchmal ebenso wenig beeinflussen wie die Folgen davon. Deshalb ist es wesentlich, bei der Behandlung körperlicher Erkrankungen die Psyche nicht außer Acht zu lassen. Im Laufe des Lebens haben wir so viel »Psychoschrott« angehäuft, z. B. in Form ungelöster Konflikte in der Vergangenheit, dass eine ganzheitliche Wirkung (auch auf den Körper) auf der Hand liegt. Dabei dürfen ebenfalls die täglichen kleinen und großen Frustrationen nicht vergessen werden, inklusive dem Dauerstress, dem heute besonders die Industrienationen unterliegen.

Ziel muss es sein: Frühzeitig den Stressor erkennen, wenn möglich vermeiden, rasch reagieren und Alternativen bereithalten, um für den nächsten Stressor empfänglich zu sein! Leichter gelingt dies, wenn wir uns bewusst auf unsere Atmung und unsere Herzfrequenz konzentrieren – beispielsweise in folgenden acht Schritten:

  1. Von der Anspannung zur Entspannung

Nichts fördert die Energie und den Energiefluss stärker als Entspannung. Die einfache Regel lautet, dass Anspannung (flachere Atmung, Erhöhung der Herzfrequenz) uns in eine Alarm- und Leistungsbereitschaft versetzt, wohingegen Entspannung (tiefere Atmung und Reduktion der Herzfrequenz) Energie bereitstellt und die Energien erhöht, die zu einer Heilreaktion notwendig sind. Die simpelste Form, dies zu erreichen, ist die Bauchatmung: Legen Sie die Hand auf den Bauch, z. B. auf den Magen, und atmen Sie bewusst in den Bauch hinein und achten Sie darauf, dass Sie nicht mit der Brust atmen.

  1. Tief ein- und ausatmen

Versuchen Sie, bewusst langsamer zu atmen und vergessen Sie nie, dass die Voraussetzung eines tiefen Atemzugs immer ist, vorher ausgeatmet zu haben. Sehr hilfreich ist es, beim Ausatmen leicht die Lippen zu schürzen, um einen gewissen Widerstand zu erzeugen, gegen den Sie ausatmen. Seien Sie sich bewusst, dass jeder von uns eine individuelle Atemfrequenz hat, in jedweder Situation. Finden Sie selbst heraus, bis zu welcher Grenze die Reduktion und Tiefe der Atmung für Sie noch komfortabel ist und genau diese Atemfrequenz behalten Sie dann während der Stresssituation im täglichen Leben bei.

  1. Die Energie spüren

Geben Sie sich bewusst dem Gefühl der Entspannung hin, die gewiss eintreten wird, wenn Sie die Punkte 1. und 2. beachten. Lassen Sie dieses Gefühl der Entspannung und die dabei auftretenden Empfindungen, wie z. B. ein Wärmegefühl, die Visualisierung von Licht oder was auch immer Sie empfinden mögen, zu. Spüren Sie die Energie, die wie aus dem Nichts entsteht und lassen Sie zu, dass diese Energie immer mehr wird. Auch wenn Sie nichts fühlen, ist dies in Ordnung. Wichtig ist das Zulassen, nicht das Wollen oder Erzwingen.

  1. Das Problem akzeptieren und visualisieren

Werden Sie sich Ihres Körpers bewusst und nehmen Sie auch Ihre Beschwerden an. Akzeptieren Sie diese als einen Teil Ihrer selbst. Visualisieren Sie das Problem, das für Sie gerade wichtig ist, mit dem Sie gerade kämpfen Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit beispielsweise auf den Menschen oder die Situation, die dieses Problem auslöst, bei körperlichen Schmerzen auf das Organ oder das Gewebe, das diese verursacht.

  1. Empfindungen zulassen

Lenken Sie bewusst die neu entstandene Energie wie einen Fluss auf das entsprechende Gebiet und lassen Sie zu, was Sie empfinden. Bei dem einen kann es die Empfindung von Wärme sein, bei dem anderen ein Durchfluten mit Licht. Wieder ein anderer erlebt das Empfinden von Entspannung und Frieden. Lassen Sie es aber auch zu, wenn Beschwerden kurzzeitig zunehmen, ein Unwohlsein oder ein Schmerz, und wenn Sie weiter Ihre Energie genau dort hineinfließen lassen, werden Sie rasch merken, wie sich dies auflöst.

  1. Den Energiefluss lenken

Koordinieren Sie Ihre Atemtätigkeit mit dem Fluss dieser Energien und spüren Sie, wie dieser Energiefluss sich immer mehr konzentriert und wie diese Energien auch von außen auf Sie einströmen wie ein zentraler Energiefluss. Beginnen Sie sich auf diesen Energiefluss wie auf einen Lichtleiter zu konzentrieren und darauf, wie diese Energie über den Lichtleiter direkt zu dem entsprechenden Organ oder Gewebe, Ihrem Körper und/oder Ihrem Geist und Ihrer Seele fließt.

  1. Energie verstärken

Nehmen Sie immer stärker wahr, wie diese Energie von außen in Sie eindringt und rasch werden Sie merken, dass die stärkste Einflussstelle genau von oben, von der Schädeldecke her, einwirkt. Konzentrieren Sie sich hierauf und lassen Sie es zu. Konzentrieren Sie sich nur noch auf die Atmung und den Fluss dieser Energie zu den betroffenen Stellen, physisch und psychisch.

  1. Botschaften wahrnehmen

Lenken Sie Ihre Konzentration weiterhin auf das, was Sie empfinden. Und auch, wenn Ihre Gedanken einmal abschweifen, lassen Sie diese zu und kehren Sie wieder zurück. Vielleicht sehen Sie Bilder und nehmen Visionen wahr, vielleicht hören Sie etwas, vielleicht erlangen Sie plötzlich Gewissheiten oder bemerken Veränderungen in Ihrem Gefühlsleben. Nehmen Sie diese Botschaften wahr und merken Sie sich diese, um später noch einmal darüber nachzudenken. Ihr Körper kommuniziert mit Ihnen in einem dynamischen Prozess.

So banal es klingen mag: Das Einatmen ist die Voraussetzung für das Ausatmen. Die Füllung der Herzkammer mit Blut ist die Voraussetzung dafür, dass dieses Blut auch in den Blutkreislauf gepumpt werden kann. Das ewige Gesetz des Gebens und Nehmens, des Einströmens und Ausströmens ist eines der elementaren Ordnungsgesetze der Schöpfung und des Kosmos und ein ewiges Urprinzip. Genau dies setzt die Energien frei, die Voraussetzung dafür sind, auf den Heilreiz zu reagieren und die Heilreaktion ablaufen zu lassen. Doch diese Energien brauchen eine Richtung, ein Ziel, eine Absicht, eine Bewusstheit, einen Willen, eine Entscheidung. Sie selbst sind der Dirigent Ihres Lebens und Sie dirigieren Ihre eigene unverwechselbare und absolut individuelle Symphonie. Ob Stress für Körper, Geist und Seele oder Heilung – Sie haben es in der Hand!

Über den Autor:

*Martin Keymer ist international anerkannter Fachdozent, Therapeut, Praktiker und unermüdlicher Forscher rund um das naturheilkundliche Paradigma Körper, Geist und Seele. Seine tiefen Einblicke in das Regulationssystem des Fließgleichgewichtes Mensch und die vier Ebenen des Lebens: mental/spirituell/psychisch, bio-energetisch, bio-physikalisch und bio-chemisch, gibt er seit 40 Jahren im Seminarstudium an Therapeuten weiter. Das von ihm gegründete l.M.U. College fokussiert dieses Wissen als internationale und unabhängige Forschungs- und Bildungseinrichtung. https://therapeutisches-haus.de/


Ein kurzes Interview mit Martin Keymer:

Herr Keymer, hilft eine naturheilkundliche Therapie wirklich, wenn Menschen akut von Stress betroffen sind? 

Martin Keymer: Grundsätzlich stellen wir immer wieder fest, dass in der Gemeinschaft der naturheilkundlichen Therapeuten ein enormes, kreatives Potential zur Ausübung einer effektiven Heilkunde vorhanden ist. Aber ein Therapeut kann mit Hilfe seines Wissens und seiner diagnostischen und therapeutischen Fähigkeiten nur eine Hilfestellung geben. Der Patient bleibt stets selbst der Dirigent, der als einziger mit dem Taktstock die Richtung vorgeben und die Aufmerksamkeit dorthin lenken kann, wohin Energie und Energieflüsse folgen sollen und werden. Je mehr er sich mit seinen gesundheitlichen Problemen auseinandersetzt, sie sich bewusst macht, sie annimmt und zugleich den Willen hat, in die Heilung zu gehen. Je mehr er während der Therapie seine Energien mehrt, beispielsweise durch die oben beschriebene Atmung, und je besser er sich auf die anzugehende Thematik konzentriert, desto mehr sensibilisiert er seinen Körper, sein Organ oder Gewebe zur Aufnahme des Heilimpulses und zur Ingangsetzung der Heilreaktion.

Ist die Zeit reif für derartige ganzheitliche Ansätze? Oder vertrauen die Menschen – auch bei psychischen Problemen – doch mehr der Schulmedizin?

Martin Keymer: Wir erkennen, wie sehr das naturheilkundliche Paradigma gerade in den letzten Jahren eine enorme Untermauerung aus den Bereichen der Biophysik, der Biochemie, der Biophotonen-Forschung und der Quantenphysik erfährt.

Unser Ziel ist es, die Naturheilkunde aus der Außenseiterrolle der „komplementären“, „alternativen“ Medizin zu befreien. Dabei soll die naturheilkundliche Therapie keinesfalls als Ersatz schulmedizinischer Maßnahmen angesehen werden. Es geht nicht um Entweder-oder, sondern häufig liegt gerade in der Kombination beider Methoden der Erfolg. Die Zunahme der psychischen Erkrankungen, der psychosomatischen Fehlreaktionen und natürlich auch der körperlichen Erkrankungen sollte uns einfach dazu bewegen, uns auf die natürlichen Rhythmen zurückzubesinnen. Die einzige – schlechte – Alternative dazu sind die symptomunterdrückenden Therapieansätze der ‚Antis‘ (Antibiotika, Antidepressiva, Antirheumatika, Antiphlogistika etc.). Verschärft wird diese Problematik durch scheinbar unlösbare Probleme. Die Corona-Hysterie verursacht bei vielen Menschen eine regelrechte Lähmung.

Welche Rolle kommt dem Therapeuten zu?

Martin Keymer: In meinem Verständnis, das ich seit vielen Jahren lehre, ist das oberste Ziel eines Therapeutendaseins, Patienten systematisch in die Gesundheit zu bringen und dabei den Gedanken des ganzheitlichen Paradigmas der Naturheilkunde – Körper, Geist und Seele – zu verfolgen. Ein Therapeut kann allerdings noch so hervorragend ausgebildet sein, kann die von ihm angewandten Methoden noch so perfekt beherrschen, kann ein noch so perfektes Instrumentarium besitzen, kann noch so engagiert zum Wohle seiner Patienten handeln – das alles Entscheidende, ob die Behandlung erfolgreich sein wird oder auch nicht, ist der Patient selbst. Der Therapeut kann und soll natürlich unterstützen, aber eines ist Fakt: Sämtliche Therapien, die darauf abzielen, die Selbstheilungskräfte des Körpers zu aktivieren, sind immer aktive Prozesse und erfordern die aktive Mitarbeit des Patienten.

Aber ist dieser auch bereit und in der Lage, diese Aufgabe zu erfüllen?

Martin Keymer: Ihm das zu erklären, obliegt wiederum dem Therapeuten. Er muss dem Patienten klar machen, dass er selbst der Dirigent ist, der seine eigene individuelle Symphonie auch spielen will und kann. In seinen Händen befindet sich der Taktstock, der das eigene Leben und den eigenen Organismus physisch und psychisch beherrscht und dirigiert. Er muss die Organe und Organsysteme seines Körpers wie die Leber, die Milz, den Magen wie einzelne Instrumente eines Orchesters sehen. Die Einsätze, die er als Dirigent mit seinem Taktstock gibt, steuern gleichzeitig die Richtung, in die Energie fließt. Wenn wir bei dem oben beschriebenen Atem bleiben, entspricht die zielgerichtete Spannung des Dirigenten wieder dem Einatmen oder der Füllung der Herzkammer. Das in Gang gesetzte Spiel seiner Instrumente und die daraus erzeugte Musik, die durch ihn als Dirigenten in Gang gesetzt wird, entspricht dem Erklingen der musikalischen Harmonien.

Und was heißt das nun konkret bezogen auf eine Krankheit bzw. den Gesundungsprozess?

Martin Keymer: Damit eine Therapie nachhaltig erfolgreich sein kann, muss der Patient sich der Krankheitssituation stellen, die dazu geführt hat, gerade diesen Therapeuten aufzusuchen. Dies verlangt eine Konfrontation mit dem Ursprung seiner Erkrankung, eine Reflexion, warum diese Krankheit entstanden ist und die Übernahme der Verantwortung für den eigenen Körper. Daraus erwächst dann der Wille zur Heilung als unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie. „Energie folgt der Aufmerksamkeit“ ist hier der Schlüsselsatz. Jeder selbst setzt als Dirigent mit dem Taktstock die Energieflüsse in Gang (im Kern durch die Herz- und Atemtätigkeit) und ist so in der Lage, die Aufmerksamkeit auf das entsprechende Organ oder Gewebe zu lenken, welches erkrankt ist. Genau wie ein Dirigent z. B. die Oboen oder die erste Geige ansteuert. Diese „meditative Kontemplation“ ist ein wesentlicher Schlüssel zur erfolgreichen Therapiesitzung.

 
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