55- bis 65-jährige sehen die Zukunft der heutigen Jugendgeneration pessimistisch: 87% gehen davon aus, dass die jungen Österreicherinnen und Österreicher unter den Fehlern der heutigen Politik leiden werden. 52% meinen, dass die heutige Jugend ein schlechteres Leben führen wird als die Generation der heute 55- bis 65-jährigen „Post-68er“. Problemsensitivität seitens der Älteren ist gegeben, mit ihren Vorschlägen, wie man die Zukunft der Jugend sichern könnte, zielen die 55- bis 65-jährigen an den Sorgen und Wünschen der nachrückenden Generation dennoch teils deutlich vorbei. Das zeigt eine aktuelle Studie des Instituts für Jugendkulturforschung, die erstmals für Österreich 55- bis 65-jährige aus der „Post-68er“-Generation mit 16- bis 29-jährigen „Millennials“ vergleicht.
Was Jung und Alt verbindet: Misstrauen in die Zukunftskompetenz der Politik
Lediglich 19% der 16- bis 29-jährigen und gar nur 14% der 55- bis 65-jährigen haben (sehr oder zumindest eher viel) Vertrauen in die Politik.
Unklare Zukunftsperspektiven und fehlende Grundlagen für die Lebensplanung sind Herausforderungen, mit denen sich die „Millennials“ heute konfrontiert sehen. 66% der 55- bis 65-jährigen und 60% der 16- bis 29-jährigen sind der Ansicht, dass es, weil heutzutage alles so unsicher geworden ist, völlig sinnlos ist, wenn junge Menschen versuchen, ihr Leben zu planen.
Stichwort „Zukunft der Jugend sichern“: „Millennials“ setzen andere Prioritäten als 55- bis 65-jährige
Aus Sicht der 16- bis 29-jährigen bräuchte es einen bunten Maßnahmen-Mix, um die Zukunft der jungen Österreicherinnen und Österreicher zu sichern. Die aus ihrer Sicht wichtigsten Punkte wären:
1. Bessere Jobchancen, und zwar auf allen Qualifikationsniveaus: 88% der „Millennials“ fordern mehr Arbeitsplätze für junge Menschen ohne akademische Ausbildung, 80% auch für junge Akademikerinnen und Akademiker.
2. Eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie hat für 83% der „Millennials“ hohe Priorität.
3. Und auch eine Pensionsreform (von 75% genannt) sowie Abbau der Staatsschulden (von immerhin 70% genannt) finden sich in der Wunschliste der „Millennials“ zur Zukunftssicherung ganz oben.
Das Maßnahmenpaket, das die 55- bis 65-jährigen vorschlagen, erkennt die Prioritäten der jungen Österreicherinnen und Österreicher nur zum Teil.
Einig ist man sich bei den Jobchancen für Nicht-Akademiker und Nicht-Akademikerinnen, die von 73% der 55- bis 65-jährigen als wichtigste politische Maßnahme, um die Zukunft der Jugend zu sichern, genannt werden. Sonst dominieren die Unterschiede.
Auf Platz 2 der Maßnahmenliste 55- bis 65-jähriger zur Zukunftssicherung für die Jugend: die Steuerbelastung senken (von 63% genannt), auf Platz 3: Reiche höher besteuern (von 58% genannt). Die „Post-68er“ setzen in ihren Forderungen zur Zukunftssicherung also deutlich stärker bei Steuern und Vermögen an und lassen Fragen zum Generationenvertrag außen vor.
Das viel beschworene „Miteinander der Generationen“ entpuppt sich als Märchen: Junge bleiben lieber unter sich – auch im Job
In der Wirtschaft werden Vielfalt am Arbeitsplatz und bunt gemischte Belegschaften unter dem Titel „Diversity Management“ als Produktivfaktor geschätzt. Intergenerationen-Teams können dazu einen Beitrag leisten. Allerdings sind diese, wie die Studie des Instituts für Jugendkulturforschung zeigt, vor allem bei den Jungen nicht allzu populär: Zwei Drittel der „Millennials“ sagen offen, dass junge Leute lieber mit anderen jungen Leuten zusammenarbeiten als mit Älteren. Statt den Generationendialog zu suchen, ziehen sich die
jungen Österreicherinnen und Österreicher nicht nur in der Freizeit, sondern auch in der Arbeitswelt lieber in ihre eigene Generationenblase zurück.
Wenn die Arbeitsplätze knapp sind, hält es übrigens jede/r fünfte „Millennial“ für legitim, ältere Erwerbstätige in die Arbeitslose zu schicken, um die Jobs den Jungen zu geben. „Post-68er“ können sich vor allem dann vorstellen, Plätze für die nachrückende Erwerbsgeneration frei zu machen, wenn sie die Möglichkeit haben, in Frühpension zu gehen.
„Neue Alte“ lösen sich von der Idee der familiären Generationensolidarität
Die aktuelle Studie des Instituts für Jugendkulturforschung zeigt noch ein weiteres interessantes Detail: In der Gruppe der 55- bis 65-jährigen planen 6 von 10 Befragten ihr Leben im Alter unter dem Motto „Lieber ohne meine Kinder“. 42% würden im Alter gerne in einer eigenen Wohnung und völlig unabhängig von ihren Kindern und Verwandten leben.
11% tendieren zu einer post-traditionalen Wohnform und favorisieren eine selbstorganisierte Senioren-WG. Und, so das verblüffende Ergebnisse der aktuellen Studie des Instituts für Jugendkulturforschung, 9% gingen sogar lieber in ein Seniorenwohnheim als im Haushalt oder in unmittelbarer Nähe der Kinder oder Verwandten zu wohnen.
„Dass dem so ist, hat mehrere Gründe“, kommentiert Studienleiterin Dr. Beate Großegger. „Zum einen sind ‚Post-68er’ die erste Generation, in der die Ent-Traditionalisierung der Familienstrukturen wirklich so richtig greift. Familiäre Generationensolidarität ist für diese Generation nur eine von mehreren Möglichkeiten, füreinander Verantwortung zu übernehmen. Hinzu kommen die hohen Autonomieansprüche dieser Generation, die in ihren jungen Jahren die gesellschaftliche und kulturelle Aufbruchstimmung der 1970er voll miterlebte und Selbstbestimmung als Wert im persönlichen Lebensplan fest verankerte. Bis ins höhere Alter selbstbestimmt und unabhängig leben zu können, ist diesen Leuten enorm wichtig. Konkret heißt das: Bevor man sich dem Lebensstil und den Werten der Kinder oder Verwandten unterordnet, gründet man lieber mit Gleichgesinnten eine Alten-WG. Viele sehen ihre Best-Ager-Phase auch als Chance, frei von beruflichen und familiären Verpflichtungen endlich einmal das machen zu können, was sie schon immer machen wollten – seien es ehrenamtliche Tätigkeiten oder Reisen um die Welt. Das Motto der Post-68er ‚Leben im Alter ohne die Kinder’ hat darüber hinaus ganz sicher aber auch etwas mit nüchternem Realitätssinn zu tun. Diese Generation weiß, dass es in Zeiten der gesteigerten beruflichen Mobilität und Flexibilisierung für nachrückende Generationen immer schwieriger wird, Fürsorge für ältere Angehörige zu leisten. Auch wenn viele ‚Millennials’ heute den Anspruch haben, später einmal für ihre alten Eltern da zu sein, wird sich dies ohne entsprechende Rahmenbedingungen nicht so leicht einlösen lassen. Ein Thema, das wir uns unbedingt noch näher ansehen müssen“, so Großegger.
Die Generationenvergleichstudie „Post-68er vs. neo-soziale Zeitgeistsurfer“ ist ein Eigenprojekt des vom Institut für Jugendkulturforschung im Sommer 2016 ins Leben gerufenen generationlab, das Jugendforschung mit Generationenforschung verknüpft und neben Werten und Lifestyles Fragen zu einer generationengerechten Politik sowie Zukunftsszenarien für das Miteinander der Generationen in den Mittelpunkt rückt.
Rückfragenachweis:
Institut für Jugendkulturforschung/generationlab
Alserbachstr. 18, 1090 Wien
Tel. 01/532 67 95
Mail: generationlab@jugendkultur.at
Quelle: Institut für Jugendkulturforschung/generationlab