Ob Beförderung, familienfreundlichere Arbeitsbedingungen oder höhere Bezahlung – es scheint, als würden Frauen zurückhaltender als Männer auftreten, wenn es darum geht, beruflich weiterzukommen und faire, berechtigte Leistungen einzufordern. Dieses Phänomen wird als „Entitlement Gap“ beschrieben und beschreibt eine gewisse „Anspruchslosigkeit“ bei Frauen. Doch wo hat diese Denkweise ihren Ursprung? Viele Expert:innen sind sich sicher, dass gelebte, traditionelle Rollenverhältnisse sie formen. LinkedIn hat anlässlich des Internationalen Frauentages am 8. März eine Studie zum Thema „Entitlement Gap“ durchgeführt, die diese These unterstützt.
„LinkedIn versteht sich als wichtige Plattform des Austauschs und der Weiterentwicklung“, erklärt Barbara Wittmann, Country Managerin LinkedIn Deutschland, Österreich und Schweiz, die Beweggründe für die Studie. „Um oft unbewusste und tradierte Einstellungen in Bezug auf die Karriereentwicklung zu hinterfragen, wollten wir von Frauen und Männern wissen, wo sie sich auf dem Weg zu einer gleichberechtigten Arbeitswelt sehen.“
„Entitlement Gap“: Frauen verspüren eine gewisse Verunsicherung
Für sich und die eigene Karriere einstehen – nicht allen Frauen gelingt das gleichermaßen selbstbewusst. Auffällig viele Frauen (60 Prozent) sind der Überzeugung, dass es im Arbeitsalltag durchaus verschiedene Situationen gibt, in denen sich Frauen weniger berechtigt fühlen. Sei es bei der Frage nach einer Gehaltserhöhung oder der Bewerbung um eine neue Position. Auch Männer sehen Frauen hier in einer weniger gleichberechtigten Rolle (49 Prozent). 43 Prozent der Frauen können der Theorie des „Entitlement Gap“ folgen und beobachten eine solche Denkweise im Arbeitsleben, sei es bei sich selbst oder bei anderen.
Reden wir über Geld – ein nach wie vor schwieriges Thema
Übertragen auf den Arbeitsalltag sieht das so aus: Über ein Drittel der befragten Frauen in Deutschland (34 Prozent) gibt an, sich in Verhandlungssituationen unsicher zu fühlen. Unter anderem, weil sie meinen, die Dos and Don’ts nicht richtig zu beherrschen. Etwa wenn es darum geht, nach einer Beförderung oder Gehaltserhöhung zu fragen. Unter den Männern sind es weniger als ein Viertel, die sich hier zurückhalten. Frauen warten im Vergleich zu Männern länger, diese Themen proaktiv bei ihren Vorgesetzten anzusprechen (im Schnitt 13 Monate versus 11 Monate). 48 Prozent der befragten Männer sagen, dass sie auch außerhalb der Jahresgespräche nach einer Anpassung ihres Gehaltes gemäß ihrer individuellen Leistung fragen. Unter den Frauen wagen nur 37 Prozent diesen Schritt. Das Gehalt mit einem neuen Arbeitgeber verhandeln oder im laufenden Job nach mehr Geld fragen – das haben sich ganze 41 Prozent der befragten Frauen noch nie zugetraut. Unter den Männern sind es gerade mal ein Viertel der Befragten.
Der Grund für ihren Verzicht? Die befragten Frauen sagen, dass sie sich „unwohl“ (32 Prozent) oder sogar „peinlich berührt“ (20 Prozent) fühlen. Und wenn sie dann doch in Verhandlung mit Chef:innen treten, fühlen sich Frauen (38 Prozent) weniger wohl in ihrer Haut als Männer (28 Prozent). „Das unterschiedliche Verhalten von Männern und Frauen lässt sich auf tradierte Rollenmodelle zurückführen“, erklärt Monika Sieverding, Leitung „Genderforschung und Gesundheitspsychologie“ am Psychologischen Institut an der Universität Heidelberg. „Männer machen seit jeher Karriere und reden deshalb auch im Privaten ganz selbstverständlich darüber. Wie verhandelt man Gehälter? Wie spreche ich mit meinem Chef? Das Thema Geld ist kein Tabu. Frauen haben traditionell andere Themen untereinander. Das ist so gelernt. Hilfreich ist der Austausch mit anderen beruflich engagierten Frauen sowie eine gewisse Übung – und mit ihr kommt auch die Selbstsicherheit.“
Karriere verläuft nicht immer gradlinig – darin sind sich Männer und Frauen einig
In einem Punkt stimmen die männlichen und weiblichen Befragten überein: Für 43 Prozent von ihnen gab es im Verlauf der Karriere schon mal einen Punkt, an dem sie ihre Erwartungen korrigieren mussten. Als Grund geben 15 Prozent der Frauen familiäre Gründe an, bei den Männern nennen dies gerade mal acht Prozent als Begründung. Frauen (13 Prozent) fehlen nach eigenen Angaben positive weibliche Vorbilder, sprich Kolleginnen, die ihnen vorleben, dass sie in ihrem Job reüssieren können. Das bestätigt auch Geschlechterforscherin Monika Sieverding. „Nach wie vor wachsen viele junge Frauen noch mit dem Rollenmodell auf, dass der Vater mehr Zeit und Energie in den Beruf investiert und mehr verdient als die Mutter, die dagegen die Hauptverantwortung für Kindererziehung und Haushalt trägt. Es ist eine Generationenfrage und bedarf der Zeit, neuer gesetzlicher Rahmenbedingungen sowie vielfältiger Rollenvorbilder, bis die Geschlechterrollen flexibler werden.“
Sind Kinder die klassischen Karrierehemmer?
Fragt man Eltern, so geben 24 Prozent zu, dass ihre Kinder dazu geführt haben, in kleineren Karriereschritten zu denken. 73 Prozent der Eltern bestätigen, dass Kinder Einfluss auf ihren Arbeitsalltag haben. Ein Grund: die Regelung der Kinderbetreuung. Immerhin 35 Prozent der Frauen sagen, dass ihre Arbeitgeber:innen keine familienfreundlichen Arbeitsmodelle, wie flexible Arbeitszeiten, anbieten. 71 Prozent der Arbeitnehmenden betrachten solche Maßnahmen jedoch als sehr hilfreich, um Job und Familie „unter einen Hut“ zu bekommen. Frauen erleben die Vereinbarkeit von Arbeit und Kinderbetreuung durchaus unterschiedlich: Für 48 Prozent von ihnen hat ihr Beruf – auch mit Kindern – nach wie vor eine sehr hohe Priorität in ihrem Leben. Für 52 Prozent von ihnen hat es einen Shift in der Priorisierung gegeben, hin zu mehr Aufmerksamkeit und Zeit für die Familie. Im Vergleich: Bei den Männern sind es 57 bzw. 43 Prozent.
An Motivation und Ehrgeiz mangelt es nicht!
Auch wenn Frauen die Denkweise des „Entitlement Gap“ durchaus nachvollziehen können: Sie bezeichnen sich dennoch als ehrgeizig und motiviert – und stehen dabei den Männern in nichts nach (74 vs. 76 Prozent). Der Begriff des Ehrgeizes wird von beiden Geschlechtern (80 Prozent) nicht als negativ empfunden, sondern ist vielmehr ein natürlicher Motor für den beruflichen Erfolg. Auf die Frage, worin ihr Ehrgeiz begründet liegt, antworten die Frauen, dass sie nach Anerkennung im Job streben (55 Prozent) und überdies gerne eine Vorbildfunktion einnehmen und damit andere motivieren möchten (50 Prozent). Frauen verhandeln nicht gern, weil ihnen Geld verdienen nicht so wichtig ist? Das wäre eine Fehlinterpretation, wie die Studie belegt: So wie bei 48 Prozent der Männer stecken hinter dem beruflichen Ehrgeiz von Frauen (45 Prozent) finanzielle Gründe. Kurzum: Sie wollen Geld verdienen. 85 Prozent der Frauen sagen, sie hätten kein Problem damit, mehr zu verdienen als ihr Partner. Mehrheitliche 81 Prozent der Männer stimmen ihnen hier zu.
Beruflichen Erfolg gestalten mit der Kraft der Community
„LinkedIn möchte Frauen inspirieren, ihren Weg selbstbewusst zu gehen und damit die Gleichberechtigung von Männern und Frauen konsequent voranzutreiben“, erklärt Barbara Wittmann. Dazu gibt LinkedIn ihnen konkrete und wichtige Tools an die Hand wie die Online-Weiterbildungskurse bei LinkedIn Learning. Hier gibt es auch Workshops, die speziell auf Frauen zugeschnitten sind, etwa zur Körpersprache für Frauen oder Empathie und Kreativität als neue Schlüsselkompetenzen. Beide Kurse sind bis zum 31. März frei zugänglich. Darüber hinaus bietet LinkedIn eine wichtige Community, in der sich Frauen vernetzen, aber auch Unterstützung finden bzw. diese anbieten. In Gesprächen und Diskussionen können sie sich über ihre Erfahrungen austauschen und Hilfestellung geben. Egal vor welchen Herausforderungen sie stehen, hier können sich Frauen untereinander und mit Männern gegenseitig dazu befähigen, die Arbeitswelt gleichberechtigt zu gestalten.
Die internationale LinkedIn Studie zum Thema „Entitlement Gap“ wurde in drei europäischen Ländern und Großbritannien durchgeführt. Wenn Sie sich für weitere Studienergebnisse und ggf. Vergleichswerte interessieren, melden Sie sich gerne unter linkedin@fischerappelt.de. Unter dem #WeCanDoIt können LinkedIn Mitglieder eine Frau vertaggen, die sie zum Internationalen Frauentag besonders feiern wollen, und sich so an der Kampagne beteiligen.
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Quelle: Presseportal.de