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– Knappe Mehrheit der deutschen Unternehmensvertreter glaubt nicht an

planmäßigen Abschluss der Brexit-Verhandlungen bis zum Herbst 2018.

– Mehr als 50 Prozent rechnen mit Nachteilen für das eigene

Unternehmen – und knapp drei Viertel haben sich bereits intensiv auf

die möglichen Szenarien vorbereitet.

– Nach Einschätzung der Unternehmensvertreter gibt es jedoch auch

Chancen: Es gibt den Wunsch nach einer vertieften europäischen

Zusammenarbeit.

Der Brexit droht immer stärker zum Problem für alle zu werden, die auf ein geordnetes Ausscheiden der Briten aus der EU hoffen. Auch nach mehreren schwierigen Verhandlungsrunden bleibt der harte Brexit ein ernstzunehmendes Szenario. Für deutsche Unternehmen hat das ernsthafte Konsequenzen, denn kaum etwas scheint so bedrohlich wie eine anhaltende Unsicherheit, die zum Spekulieren einlädt. Laut aktuellem Brexit Briefing von Deloitte, das die Folgen des Bruchs für die deutschen Unternehmen in den Fokus stellt, erwartet die Mehrheit einen konventionellen Freihandelsvertrag zwischen der EU und Großbritannien. Insgesamt befürchten die befragten Unternehmensvertreter vor allem einen Rückgang des Handels – und über die Hälfte sieht das Potenzial für eine ernsthafte Schädigung des eigenen Unternehmens, wenn es zu einem harten Brexit kommen sollte. Eine Konsequenz wäre in jedem Fall die Verringerung von Investitionen ins Vereinigte Königreich und die Konzentration auf andere Märkte.

„Im Rahmen der Studie haben wir 239 deutsche Großunternehmen mit wirtschaftlichen Beziehungen nach Großbritannien befragt. 49 Prozent der Studienteilnehmer glauben nicht an eine Einigung zwischen Großbritannien und der EU über ein geordnetes Ausscheiden bis zum Herbst. Entsprechend hat sich die große Mehrheit bereits intensiv vorbereitet und verschiedene Szenarien durchgespielt“, erklärt Alexander Börsch, Chefökonom bei Deloitte.

Keine binnenmarktähnlichen Beziehungen am Horizont

Während also fast die Hälfte befürchtet hat, dass es zu einem harten, ungeregelten Ausscheiden kommen könnte, ist die Zahl der Optimisten mit 47 Prozent kaum geringer. Das spiegelt sich teilweise auch in der Erwartung kommender Regelungen nach einer eventuellen Übergangsphase bis Ende 2020 wider – hier liegt die Zahl jener, die einen harten Brexit mit Gültigkeit der WTO-Regeln sehen, bei einem knappen Viertel. Die Mehrheit rechnet mit einem konventionellen Freihandelsvertrag für Güter, ein gutes Fünftel hingegen mit einer Zollunion. An eine „aufgeweichte“ Fortsetzung bisheriger Beziehungen im Rahmen einer institutionellen Zusammenarbeit mit binnenmarktähnlichen Beziehungen glauben lediglich 13 Prozent.

Brexit lässt EU enger zusammenrücken

Die Mehrheit der Befragten legt großen Wert auf die Beachtung der vier Grundfreiheiten und plädiert für einen Ausschluss Großbritanniens aus der EU, wenn die 4 Grundfreiheiten nicht gewährleistet sind. Damit stellt die Mehrheit der Unternehmen die Integrität des Binnenmarktes vor kurzfristige wirtschaftliche Vorteile. Ein Drittel würde jedoch zumindest auf die Personenfreizügigkeit verzichten. Unabhängig davon favorisieren 37 Prozent nach einem – wie auch immer gestalteten – Ausstieg des Vereinigten Königreichs eine vertiefte europäische Zusammenarbeit, 28 Prozent votieren für eine stärkere Zentralisierung und Integration.

Finanz-, Chemie- und Konsumgüterbranchen besonders besorgt

Insbesondere ein harter, ungeregelter Brexit schadet deutschen Unternehmen: Über die Hälfte, 53 Prozent, sieht ein hohes oder sehr hohes Schadenpotenzial. Insbesondere die Finanzbranche, die Chemieindustrie, die Konsumgüterbranche sowie Technologie- und Automobilsektor zeigen sich überwiegend pessimistisch. Bislang mussten die Unternehmen vor allem mit Schwierigkeiten bei der langfristigen Planung, der Unsicherheit bei Investitionsentscheidungen, Wechselkursschwankungen sowie einem erhöhten allgemeinen Aufwand zum Umgang mit den Brexit fertig werden.

Handel mit Großbritannien wird zurückgehen

Bei den Konsequenzen des Brexits für den Standort Deutschland überwiegen die Risiken und Nachteile. Mit 44 Prozent rechnet fast die Hälfte mit einem rückläufigen Handel auf der Insel, 41 Prozent befürchten zudem ein weiteres Auseinanderfallen der EU. Ein gutes Drittel sieht einen neuen Standortwettbewerb aufgrund britischer Steuervorteils-Versprechen. Aber es gibt auch Chancen: Der Standort als Ganzes kann von einer stärkeren Verlagerung von Unternehmen ebenso profitieren wie von einer höheren Attraktivität für ausländische Direktinvestitionen sowie als Anziehungspunkt für F&E-Investments und internationale Talente. Ungeachtet des allgemeinen Pessimismus in der Finanzbranche wird auch eine Stärkung des Finanzplatzes Deutschland erwartet.

Vorbereitung – von Analyse bis Zulieferkette

Je näher der Brexit rückt, desto intensiver die Vorbereitungen. Fast drei Viertel beschäftigen sich inzwischen sehr stark mit der Thematik. Branchenspezifisch haben besonders der Technologiesektor, der Maschinenbau und die Verarbeitende Industrie ihre Vorbereitungen ausgeweitet. Wichtigstes Instrument in diesem Zuge sind punktuelle Analysen, initiiert von über der Hälfte der Unternehmen, ferner zentrale Task Forces sowie – für 14 Prozent – die Inanspruchnahme externer Expertise. 47 Prozent haben bereits Investitionsentscheidungen überprüft, 44 Prozent die Lieferkette entsprechend umgebaut. Immerhin ein Drittel hat bereits Investments im Vereinigten Königreich gestoppt.

„Der Brexit hat schon jetzt spürbare Folgen für die deutschen Unternehmen. Investitionen werden überprüft, Lieferketten umgebaut, Risiken analysiert. Alle aber haben eines gemeinsam: Kommt der harte Brexit, wird sich die Mehrheit auf andere Märkte konzentrieren“, resümiert Börsch.

Über Deloitte

Deloitte erbringt Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Risk Advisory, Steuerberatung, Financial Advisory und Consulting für Unternehmen und Institutionen aus allen Wirtschaftszweigen; Rechtsberatung wird in Deutschland von Deloitte Legal erbracht. Mit einem weltweiten Netzwerk von Mitgliedsgesellschaften in mehr als 150 Ländern verbindet Deloitte herausragende Kompetenz mit erstklassigen Leistungen und unterstützt Kunden bei der Lösung ihrer komplexen unternehmerischen Herausforderungen. Making an impact that matters – für mehr als 244.000 Mitarbeiter von Deloitte ist dies gemeinsames Leitbild und individueller Anspruch zugleich.

Deloitte bezieht sich auf Deloitte Touche Tohmatsu Limited („DTTL“), eine „private company limited by guarantee“ (Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach britischem Recht), ihr Netzwerk von Mitgliedsunternehmen und ihre verbundenen Unternehmen. DTTL und jedes ihrer Mitgliedsunternehmen sind rechtlich selbstständig und unabhängig. DTTL (auch „Deloitte Global“ genannt) erbringt selbst keine Leistungen gegenüber Mandanten.

Quelle: Presseportal.de

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