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– Die Lücke zwischen Erwartungen an den Personalbereich und den dort vorhandenen Kapazitäten ist drastisch hoch.

– Um als soziale Organisation zu agieren, müssen Unternehmen menschliche und technologische Aspekte der Arbeit zusammenführen.

– Deutsche Befragte schätzen sich etwas stärker bei grenzübergreifendem Talentmanagement und strategischer Mitarbeiterführung ein.

COVID-19 hat die Arbeitswelt drastisch verändert mit tiefgreifenden Auswirkungen auf Unternehmensstrukturen. Gerade in Zeiten, die von Unsicherheit geprägt sind, sind Agilität und Fähigkeiten zur ständigen Veränderung essenziell. Dies schätzen auch 90 Prozent der Befragten der „Human Capital Trends 2020“-Studie von Deloitte so ein, für die weltweit fast 10.000 Business- und HR-Führungskräfte befragt wurden, davon über 800 aus Deutschland. Aber nur 55 Prozent sehen Unternehmen auch dazu in der Lage. Für den Human-Resources-Bereich besteht hier die Chance, das Unternehmen zu unterstützen. Die Studie zeigt: HR steht am Scheideweg – und kann entweder viel gewinnen oder alles verlieren. Einerseits bieten sich neue Möglichkeiten, die Bedeutung der Personalabteilungen erheblich zu vergrößern, andererseits fehlen die nötigen Voraussetzungen, diese wahrzunehmen.

Es geht um einen grundlegenden Paradigmenwechsel: Das Verhältnis von Mensch und Technologie bei der Arbeit gestaltet sich neu. Moderne Unternehmen agieren als „soziale Organisation“. Eine soziale Organisation strebt nicht nur danach, die Unternehmensergebnisse zu maximieren. Sie fühlt sich ebenso den Mitarbeitern und der Gesellschaft als Ganzes verpflichtet. In Zeiten rasanten Wandels gelingt es sozialen Organisationen so, menschliche und technologische Aspekte im Arbeitsalltag zu integrieren. Sie nutzen die durch Technologien entstehenden Möglichkeiten, um die Arbeit an sich zu humanisieren.

Purpose, Potenzial, Perspektive: das Widersprüchliche vereinen

Die soziale Organisation stellt das menschliche Interesse in den Mittelpunkt ihres Handelns und befähigt ihre Mitarbeiter, nachhaltigen Wert für sich selbst, die Organisation und die Gesellschaft zu schaffen. Dabei steht sie vor der Herausforderung, vermeintlich widersprüchliche Ziele zu realisieren: Purpose – der Arbeitnehmer soll sich individuell wahrgenommen fühlen, möchte aber auch dem Ganzen zugehörig sein; Potenzial – die Bereitschaft, sich immer wieder neu zu erfinden, jedoch eingebettet in eine grundsätzliche Sicherheit; Perspektive – die Fähigkeit, in Zeiten von Ungewissheit mit Mut Entscheidungen zu treffen.

„Diese Aspekte nachhaltig in die DNA des Unternehmens zu integrieren, fordert die gesamte Organisation. Auch für eine neu definierte HR gehört es zu den grundlegenden Aufgaben, diese Prozesse zu gestalten. Wie unsere Studie jedoch deutlich macht, besteht zwischen Anspruch und Wirklichkeit eine erstaunliche Lücke: Ganze 64 Prozentpunkte liegen zwischen der Einschätzung dessen, was vonseiten HR eigentlich nötig wäre, und den vorhandenen Potenzialen. So können die HR-Abteilungen die Verantwortung, die auf die zukommt, aktuell nur schwer wahrnehmen“, erklärt Maren Hauptmann, Partnerin und Leiterin Human Capital bei Deloitte.

Exponentielle HR noch nicht in Sicht

„Exponentielle HR“ lautet der Begriff für das neue Personalwesen, das die veränderte Sichtweise auf die Arbeitserbringung insgesamt begleiten, steuern und in konkrete Initiativen und Strategien überführen soll. Doch scheint dieses Ziel derzeit noch eher eine ferne Vision zu sein: 75 Prozent der Studienteilnehmer sehen zwar eine radikale Weiterentwicklung von HR als Voraussetzung für den künftigen Erfolg der Funktion an. Aber nur 11 Prozent glauben, dass dies auch bewerkstelligt werden kann. Immerhin sind 93 Prozent der Ansicht, dass der Personalbereich auch künftig eine eigenständige Funktion bleiben wird – obwohl in einigen Unternehmen bereits ein gegenläufiger Trend zu beobachten ist.

Wachsender Einfluss oder Bedeutungsverlust?

Kann die HR-Funktion ihrem Auftrag nicht gerecht werden, droht ihre Bedeutung zu sinken, anstatt zu steigen. Entscheidend ist, wie der Bereich künftig in den relevanten Themenfeldern agieren wird: dem Aufbau von Führungskompetenzen, der Weiterbildung der Belegschaft, der Förderung von Agilität und Teambuilding, dem Verfügbarmachen neuer Fähigkeiten, der Integration von Automatisierungstechnologie sowie der Definition und Förderung des Unternehmenszwecks.

Führung und Teambuilding sind gefragt – und kaum lieferbar

Unter allen diesen Bereichen stechen nach Ansicht der Studienteilnehmer besonders die Stärkung neuer Fähigkeiten, die Öffnung der Organisation für agile Arbeitsmethoden, die Effizienzsteigerung durch Automatisierung und ein erweiterter Gesamtanspruch der HR im Unternehmen hervor. Gerade in den Bereichen Führung und Teambuilding stellen die Befragten den gegenwärtigen HR-Strukturen jedoch ein besonders schlechtes Zeugnis in puncto Lieferfähigkeit aus.

Mensch und Technologie als ein Team

Eine zentrale Rolle kommt außerdem der Technologie zu, insbesondere der Künstlichen Intelligenz. Dabei gilt: Automatisierung wird nicht als Arbeitsplatzkiller, sondern als sinnvolle Ergänzung gesehen und eingesetzt. Nur bei 12 Prozent der Befragten soll die Technologie Arbeitskräfte ersetzen. 60 Prozent geben hingegen an, dass ihr Unternehmen KI nutzt, um Menschen zu unterstützen statt abzulösen. Jedoch haben 68 Prozent bislang nicht ausreichend in entsprechende Technologien und Strukturen investiert, und 85 Prozent wissen noch nicht, wie sie mit den entstehenden ethischen Fragestellungen umgehen sollen.

„Organisationen müssen erkennen, dass es bei der Neugestaltung der Arbeit zum einen darum geht, eine Kultur aufzubauen, in der sich Menschen entfalten können, indem sie Sinn in der Arbeit sehen. Zum anderen müssen sie ein neues Maß an Anpassungsfähigkeit entwickeln, um mit disruptiven Ereignissen umzugehen. In dieser außergewöhnlichen Zeit sollten Unternehmen die Fähigkeiten ihrer Arbeitnehmer erkennen, in sie investieren und neue Teamstrukturen entwickeln“, fasst Maren Hauptmann zusammen.

Quelle: Presseportal.de

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