Kundenorientierung ist eine der Eigenschaften, von der jeder Manager behauptet, dass sein Unternehmen sie besitze. Wer würde von sich auch freiwillig sagen, dass er seine Kunden nicht ernst nimmt? Wenn aber die Kundenorientierung überall verbreitet ist, woher kommen dann die vielen negativen Erfahrungen, die jedem von uns im Alltag begegnen: Dauerwarteschleifen in Hotlines, keine oder nur unzureichende Antworten auf Fragen oder das „spurlose“ Verschwinden von Kundenberatern, wenn Kunden den Laden betreten?
Weil jeder Leser solche Negativ-Erfahrungen aus seinem Alltag kennt, stellen die beiden Autoren Franz-Rudolf Esch und Daniel Kochann gleich zu Beginn ihres Buches die Frage nach einem Kundenerlebnis, das die Leser zuletzt begeistert hat.
Beide Autoren beraten seit vielen Jahren Unternehmen bei der Verbesserung der Kundenorientierung, schöpfen somit aus einer reichhaltigen Praxis.
Der Abschluss einer Versicherung als Exempel
Ihrer selbst gewählten Zielgruppe, zu der sie Manager-, Fach- und Führungskräfte aus allen Bereichen zählen, die kundennah arbeiten, etwa Marketing, Vertrieb oder Service, halten sie gleich zu Beginn den Spiegel vor. Aus ihrer Beratungspraxis stammt die Beschreibung eines Versicherungsabschlusses, der „undercover“ von einem Mitarbeiter exemplarisch durchgeführt werden sollte. Dessen Ergebnis ist für die beteiligten Unternehmen wenig schmeichelhaft. Es scheint fast, als hätten die Versicherer es den Kunden erschweren wollen, einen Vertrag abzuschließen. Und das ist kein Einzelfall, wie die Verfasser in ihrem Werk zeigen.
Kundenerfahrung und das Bild der Zwiebel
Ein schöner und wichtiger Satz steht gleich auf den ersten Seiten: „Kundenerfahrung findet immer statt, egal ob sie von Unternehmen aktiv gesteuert wird.“ Das führt Esch und Kochann dann zu einem einprägsamen Bild. Darin vergleichen sie die Kundenerfahrung mit einer Zwiebel: Tief im Inneren steckt das Produkt oder die eigentliche Dienstleistung des Unternehmens. Um den Kern herum sind ergänzende Services angeordnet. In den weiteren Schichten liegen die vielen Berührungspunkte (Touchpoints) des Kunden mit dem Unternehmen, die ihn auf seiner Reise, der berühmten Customer Journey, zum Produkt führen.
Am Ende dieses Vergleichs steht die Erkenntnis, dass gute Kontaktpunkte noch keine begeisternde Customer Journey ergeben.
Systematisch Kunden begeistern
Die beiden erfahrenen Berater zeigen auf vielen Seiten, wie die Begeisterung von Kunden gelingt. Ganz systematisch, wobei sie betonen, dass es in erster Linie auf die Haltung ankommt, nicht darauf, ob sich ein Chief Digital Office oder Chief Marketing Office darum kümmert.
Ihr Konzept besteht aus fünf Schritten, die ausführlich und mit vielen Schaubildern und Diagrammen erläutert werden.
Als Grundlage dient das Commitment von Vorstand und Unternehmensführung. Erst wenn dieses vorliegt, wird der Ist-Zustand analysiert und bewertet. Nachdem im dritten Schritt das Verständnis für die Customer Journey erreicht ist, wird das Kundenerlebnis aktiv gestaltet. Wobei dazu eine Messung des Erfolges gehört.
Eines verdeutlichen beide aber von vornherein: „There is no free lunch.“ Wer Kunden begeistern will, der muss investieren. Doch das lohnt sich.
Management-Journal-Fazit: Ein lesenswertes und gut geschriebenes Fachbuch zu einem ewig jungen Thema. Viele nützliche Hinweise und praxisnahe Beschreibungen zeigen, wie es einem Unternehmen gelingen kann, seine Kunden zu begeistern und in den Mittelpunkt zu stellen.
Stephan Lamprecht, management-journal.de
Buchtipp:
Kunden begeistern mit System – Campus
9783593509952