Eine Studie des Instituts für Mittelstandsforschung der Universität Mannheim (ifm) zeigt, dass die Arbeitsmotivation unter neuzugewanderten Geflüchteten in Baden-Württemberg sehr hoch ist. Trotz der guten Konjunkturentwicklung und des großen Arbeitskräftebedarfs hat bisher aber nur ein Viertel der befragten Männer und Frauen eine Beschäftigung gefunden. Die Untersuchung gibt einen Überblick über die Potenziale der Geflüchteten – und welchen Hemmnissen sie gegenüberstehen.
Das Forscherteam um Dr. René Leicht, Dr. Christoph Sajons und Carina Hartmann befragte im Sommer knapp 1.300 in Baden-Württemberg lebende Geflüchtete zum Stand ihrer Arbeitsmarktintegration. Die ersten Ergebnisse dieser mit Unterstützung des baden-württembergischen Ministeriums für Soziales und Integration durchgeführten Studie liegen nun als GesellschaftsReport BW vor. Sie zeigen die große Bereitschaft der Geflüchteten, sich ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. So gaben zum Zeitpunkt der Interviews 88 Prozent der Befragten an, entweder bereits zu arbeiten, auf Jobsuche zu sein oder mittelfristig eine Tätigkeit aufnehmen zu wollen.
Diese starke Arbeitsmotivation stößt allerdings am deutschen Arbeitsmarkt auf viele Hindernisse. Mangelnde Deutschkenntnisse, fehlende Qualifikationen, Unsicherheit bzgl. des eigenen rechtlichen Status, sowie Unwissen darüber, wie man in Deutschland Arbeit sucht, wurden als größte Hemmnisse genannt. Probleme bei der Betreuung der Kinder oder Eltern sieht insgesamt jeder zehnte Befragte, bei den Frauen jede Vierte als Hindernis. So haben bisher trotz der guten konjunkturellen Lage erst 26 Prozent der Befragten eine Tätigkeit gefunden. Ein großer Teil davon ist zudem befristet, bei knapp der Hälfte handelt es sich um Teilzeitstellen, Minijobs, Praktika, Fortbildungsmaßnahmen und 1-Euro-Jobs.
Für eine nachhaltige Arbeitsmarktintegration ist daher entscheidend, welche Qualifikationen und Potenziale die Geflüchteten besitzen und wie sie aktiviert werden können. Es zeigt sich, dass ein Viertel der Befragten einen formalen Bildungsabschluss hat, ein weiteres Fünftel besitzt Qualifikationen ohne formalen Abschluss aus der beruflichen oder der Hochschulbildung. Nicht zu unterschätzen sind zudem vielfältige informelle Kompetenzen aus vorheriger Berufstätigkeit und Selbständigkeit. Die Befragten weisen neben der Ausbildungsbereitschaft auch eine große räumliche und inhaltliche Flexibilität bei der Arbeitssuche auf.
Auffällig ist zudem, dass sich die persönlichen Einschätzungen der Geflüchteten hinsichtlich der Herausforderungen bei der Jobsuche im Wesentlichen mit denen der Kammern und Unternehmen decken. Dies ist eine wichtige Erkenntnis, da sie Befürchtungen entgegenwirkt, die Geflüchteten würden ihre Situation nicht realistisch einschätzen und daher ungenügend reagieren.
„Die neuzugewanderten Geflüchteten sind motiviert, sich durch Aus- und Weiterbildung für die Anforderungen des deutschen Arbeitsmarktes fit zu machen“, kommentiert Dr. René Leicht die Studienergebnisse. „Gezielt auf die Bedarfe abgestimmte Weiterqualifikationen könnten in Kombination mit berufsbezogenen Deutschkursen die Grundlage für eine erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt und ein selbstbestimmtes Leben schaffen.“
Die Befunde der Studie zeigen mehrere Wege auf, wie die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten gefördert werden kann: Gezielte Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen sowie die Anerkennung und Zertifizierung von vorhandenen Qualifikationen könnten zum einen dabei helfen, dringend benötigte Fachkräfte für hiesige Unternehmen einsatzbereit zu machen. Zum anderen könnte insbesondere die hohe Flexibilität und Mobilität der großen Zahl niedrigqualifizierter Geflüchteter genutzt werden, um Beschäftigungsengpässe in bestimmten Branchen und Regionen zu mindern. Diese kombinierte Vorgehensweise könnte die Eingliederung der Geflüchteten in den Arbeitsmarkt in der Tiefe wie in der Breite voranbringen.
Quelle: Presseportal.de