Aller Anfang ist schwer. Junge Unternehmen haben noch keine etablierte Marke, auf die sie aufbauen können, keinen Kundenstamm und meistens auch wenig Budget. Oft wird das knappe Kapital in teure Marketingkampagnen gesteckt, die nicht den erhofften Output bewirken. Gründer sollten lieber auf Storytelling setzen, um nachhaltig Erfolg zu erzielen. Doch wie können Startups ihre Geschichte erzählen? Von Katrin Frische
Geschichten binden Menschen emotional und sind somit der Schlüssel zu den Herzen von (potenziellen) Mitarbeitern, Investoren und Kunden. Diesen Schlüssel in Besitz zu nehmen, sollte das Ziel eines jeden ambitionierten Projekts sein. Doch wie kommt man an eine solche Geschichte?
„Start with why“! Das Buch von Simon Sinek, das nicht zuletzt wegen des gleichnamigen Ted-Talks in vieler Munde ist, kann auch als Aufforderung für Startups gelesen werden. Am Anfang, so Sinek, sollte das Wofür stehen, also ein purpose, eine klare Vision, der raison d’être eines Unternehmens. Dabei geht es in erster Linie einmal um Inspiration, aber auch um Glaubwürdigkeit, und in einem umfassenden Sinn um Menschlichkeit.
Auch diesem Beitrag möchte ich ein „Why“ vorausschicken: Mein Wunsch ist es, mit dieser Veröffentlichung ein Bewusstsein für die Bedeutung und die Wirkung von sinngetriebenem Storytelling zu schaffen, einem Storytelling also, dass das „Why“ an erste Stelle setzt und das – idealerweise schon in der Gründungsphase eines Unternehmens – inside-out, also von innen nach außen, entwickelt wird. Damit sind die besten Voraussetzungen gegeben, dass Unternehmer, die Probleme dieser Welt erkennen und lösen möchten, ihre Ideen erfolgreich zur Umsetzung bringen und Mitarbeiter wie Kunden langfristig an sich binden.
Marshall Ganz, Professor für „public narrative“ an der Harvard’s Kennedy School of Government, hat ein überzeugendes dreigliedriges Storytellingkonzept für Organisationen entwickelt. Es sticht deshalb aus den sonstigen Modellen von Storytelling hervor, weil es die persönliche Geschichte mit einbezieht. Dieses Modell habe ich auf Basis meiner Erfahrungen mit (jungen) Unternehmen etwas abgewandelt und auf die Corporate-Welt angepasst. Im Folgenden möchte ich dieses Modell vorstellen und mit einigen praktischen Beispielen anreichern.
Story of me
„What I want to achieve is to make Mars possible.“ Mit diesen Worten nimmt Elon Musk seine Zuhörer mit in seine Vision, den Mars zu bevölkern. Und die Zuhörerschaft klebt ihm förmlich an den Lippen. Wer die Rede hört, wird hineingezogen in Musks Vision und ist ein Stück angefixt. Wenn ein Gründer seinen Purpose an Mitarbeiter kommuniziert, noch besser, wenn er die Mitarbeiter einlädt, diesen Unternehmenspurpose mitzugestalten und zu schärfen, dann sind die besten Voraussetzungen dafür geschaffen, dass sich alle mit diesem Unternehmenszweck verbinden. Dass sie den Sinn hinter ihrem Tun erkennen. Dass gerade die vielzitierte Generation Y diesbezüglich ein großes Bedürfnis hat, ist inzwischen ein Allgemeinplatz. Wer also perspektivisch motivierte Mitarbeiter finden und halten will, sollte den Aspekt der Sinnstiftung ernst nehmen. Ähnliches gilt übrigens für den Aufbau eines Kundenstamms.
Neben Elon Musk sind TOM-Gründer Blake Mycoskie und Patagonia-Gründer Yvon Chouinard große Künstler darin, ihre Geschichte zu erzählen und sie mit dem Unternehmenspurpose in Verbindung zu bringen. Gerade junge Unternehmen können von diesen Persönlichkeiten viel lernen. Wie man etwa am Beispiel von Yvon Chouinard sieht, muss man keine extrovertierte, öffentlichkeitsheischende Persönlichkeit sein, um eine solche Geschichte überzeugend zu erzählen. Vielmehr geht es hier um die Sache: Um den Purpose eben, der Sinn stiftet und mit dem sich andere Menschen verbinden können.
Ein schönes Beispiel für eine purpose-driven Story bietet Starwings-Gründer Vitus Zeller. Er startete sein Unternehmen mit einem persönlichen Brief an seine Community. Mit einer überwältigenden Resonanz. Binnen weniger Monate schaffte der junge Gründer es so, acht Kompagnons an seine Seite zu ziehen, die er mit seiner Vision mitriss.
Die „Story of me“ gibt dem Gründer ein Gesicht, macht ihn nahbar und menschlich. Sie transportiert Sinn und Werte, nicht in abstrakten Prinzipien, sondern in lebendigen Erfahrungen. Spannende Fragen, die eine „Story of me“ zu einer inspirierenden und mitreißenden Geschichte machen, sind zum Beispiel:
– Was für ein Problem möchtest du mit deinem Unternehmen lösen?
– Was ist deine Challenge, dein Ruf zum Abenteuer?
– Was treibt dich an?
– Was waren Schlüsselereignisse, die dich zur Gründung veranlasst haben?
– Hast du Vorbilder?
– Was für Meilensteine liegen auf dem Weg zur Gründung hinter dir?
– Welche Schwierigkeiten gab es zu überwinden? Gab oder gibt es Mentoren, Herolde oder andere Wegbegleiter?
Kanäle, diese Botschaften zu kommunizieren, gibt es im digitalen Zeitalter zuhauf. Angefangen von der „About-us-Seite“ über soziale Medien wie Facebook, Twitter, LinkedIn und Co. Als Kommunikationsformat bietet sich ein Interview an, aber auch eine kohärente Story in geschriebener oder mündlich erzählter Form (Video oder Audio). Auch der Newsletter bietet sich dazu an, eine solche Story zu verbreiten.
Story of us
Die „Story of us“, auch Corestory, Metanarrative oder Kerngeschichte genannt, ist die Geschichte, die das Unternehmen als Ganzes über sich erzählt. Hier kann die Geschichte des Gründers mit einfließen, muss sie aber nicht. Die „Story of us“ ist die Grundlage für Pitch Decks und andere Unternehmenspräsentationen; auf ihr fußt die gesamte Kommunikation. Vor allem wirkt eine solche Geschichte aber nach innen. Eine gut entwickelte Corestory bildet die Grundlage für sämtliche strategischen Entscheidungen. Sie hilft den Mitarbeitern, Kunden und anderen Stakeholdern, sich mit der Mission des Unternehmens zu verbinden. Daher tut ein Startup gut daran, diese Geschichte möglichst früh für sich zu entdecken. Was übrigens nicht heißt, dass diese Geschichte unumstößlich ist. In regelmäßigen Abständen darf sie, ja sollte sie, hinterfragt werden.
Auch bei der „Story of us“ sollte die zentrale Frage die nach der höheren Idee des Unternehmens sein, also nach dem „bigger Why“. Darunter gelagert sollte man sich folgende Fragen stellen, die in die Entwicklung der Story mit einfließen:
– Was können wir besser als andere?
– Wen möchten wir mit unserem Angebot / unserer Dienstleistung erreichen?
– Was leben wir für Werte in unserem Unternehmen?
– Was wollen wir sein?
– Was möchten wir mit unserem Unternehmen verkörpern?
Ein schönes Beispiel für solche „stories of us“ sind die von Airbnb, Facebook und Amazon. Um zu einer solchen Story zu kommen, gibt es einige wertvolle Tools, die Startups nutzen können, um ihre Geschichte eigenständig damit zu entwickeln.
Story of the future
Die Geschichte vom Ende her denken: Das ist für Unternehmer eine große Herausforderung und die vielleicht wichtigste Aufgabe: Wie sieht unser Unternehmen in zehn Jahren aus? Wie unsere erfolgreich verlaufene Marketingkampagne, wie der durchschlagende Launch unseres neuen Produkts? Eine Visionstory beschreibt, wie man sich das Ergebnis vorstellt, wenn es zu 100 Prozent erfolgreich war. Also einen Idealzustand. Zukunftsgeschichten sind ein großartiges Mittel, den Erfolg von jedwedem Projekt vorwegzunehmen und alle Stakeholder damit zu inspirieren. Sie funktionieren ähnlich wie eine selbsterfüllende Prophezeiung.
Auch hier spielt das Thema Purpose eine wichtige Rolle, denn der sollte jeder Visionstory zugrunde liegen, wie die DNA der menschlichen Zelle.
Ein schönes Beispiel für eine solche Visionstory bietet der Delikatessenhändler „Zingerman’s Community of Business“ in Ann Arbor. Das Ergebnis auf die Frage ist, im Gewand einer inspirierenden Geschichte gekleidet, auf der Webseite des Unternehmens für Mitarbeiter und Kunden lesbar. Ari Weinzweig, der Co-Gründer von Zingerman’s ist ein großer Verfechter des Visionings. Um den Nutzen zu erklären, verweist er auf die bekannte Metapher des Kathedralbaus: Es mache einen großen Unterschied, ob man nur Steine aufeinanderschichtet – oder an einer Kathedrale baut. „Jeder möchte Teil von etwas Großartigem sein“, sagt Weinzweig.
Auch in Deutschland setzen immer mehr Unternehmen auf die Kraft des Visionings. Stephan Kowalski, strategischer Berater aus Hamburg, der das Verfahren schon seit Jahren erfolgreich erprobt hat, erklärt in seinem Blog, wie man „Erfolgsbilder“ nutzen kann, um das Unternehmen, aber auch die persönliche Entwicklung, voranzutreiben.
Gerade in einer frühen Phase des Unternehmens ist Visioning das Mittel der Wahl, um Mitarbeiter, Kunden und andere Stakeholder zu begeistern und auf Kurs zu bringen. Besonders kraftvoll wird eine solche Geschichte übrigens, wenn möglichst viele Menschen aus dem inneren Kreis des Unternehmens an der Entstehung beteiligt sind.
Wie gezeigt werden sollte, lohnt es sich für Unternehmensgründer auf Storytelling zu setzen. Die richtige Story, an der richtigen Stelle erzählt, kann den Unterschied machen zwischen einer Organisation, die eine frühzeitige Bruchlandung macht und einer, die nach den Sternen greift. Wer frühzeitig seine Geschichte findet und weitererzählt, setzt die Voraussetzungen dafür, das Unternehmen zum Fliegen zu bringen! Deshalb Adelante, liebe Gründerinnen und Gründer, go and tell your story! Je früher, um so besser…!
Dieser Beitrag ist ein Original-Blogpost aus TREIBSTOFF:
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Quelle: Presseportal.de