Lerntransfer muss geplant sein und unterstützt werden

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Dass neu erworbenes Wissen aus Seminaren oder Lehrgängen in die Praxis umgesetzt wird, ist nicht selbstverständlich. Damit der Lerntransfer gelingt, ist muss er geplant und unterstützt werden.

Das Seminar ist erfolgreich verlaufen. Die Teilnehmenden haben das in den Feedback-Bögen bestätigt. Die Seminarleiterin hat sich voll engagiert und ist mit ihrer Arbeit zufrieden. An ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt, warten die zu erledigenden Aufgaben auf die Teilnehmenden. KollegInnen und Vorgesetzte sind auf ihr Tagesgeschäft konzentriert und froh, dass der Mitarbeiter/die Mitarbeiterin wieder da ist und alles den gewohnten Gang gehen kann.

Ein nicht ungewöhnliches Szenario. Was aber bleibt als sichtbares Lernergebnis? Der Lerntransfer, also die Umsetzung von neu gewonnenem Wissen, neuen Sichtweisen, Methoden und Fertigkeiten, muss im Vorhinein geplant sein um stattzufinden. Eine solche Planung hat viele Aspekte.

Thesen zur Förderung von Lerntransfer

Untersuchungen im Bereich der Lerntheorie, der Gehirnforschung, der Didaktik, des Managements, und der Organisationsentwicklung können in folgenden Thesen zusammengefasst werden:

  • Die Basis für den Lerntransfer bilden nachhaltige Lernerfahrungen.
  • Die organisatorischen Rahmenbedingungen sollen die Möglichkeit zur längerfristigen intensiven Beschäftigung mit einem Lerninhalt ermöglichen.
  • Es muss eine Brücke vom „Lernfeld“ zum „Arbeitsfeld“ geschlagen werden.
  • Im Arbeitsfeld muss Interesse bestehen, dass neu erworbenes Wissen zur Anwendung kommt.

Nachhaltige Lernerfahrungen

Lernen ist eine Aktion der Lernenden. Die erklärenden Präsentationen der Lehrenden, aktive Lernmethoden wie Diskussionen, Anwendungsübungen, Fallbeispiele, Rollenspiele, selbstständige Informationssuche und Problemlösungen geben den Lernenden Anregungen und unterstützen Lernprozesse und -ergebnisse.

Emotionen beim Lernen, also Freude über eine neue Erkenntnis, Begeisterung für den Lernstoff, Zufriedenheit mit dem persönlichen Fortschritt, aber auch die Einsicht, bisher nicht optimal gehandelt zu haben, hinterlassen nachhaltige Eindrücke und festigen das Gelernte. Gemeinschaftserlebnisse in der Lerngruppe steigern das „Sich-Wohlfühlen“ beim Lernen sowie den Wissensaustausch und neue Anregungen.

Aktuelle empirische Forschungen unterstreichen auch wieder die Rolle der Lehrenden, nicht nur als WissensvermittlerInnen, sondern ganz allgemein als Vorbild. Ein ganz wichtiger Impuls für Lernprozesse ist weiters die Reflexion, also die persönliche Bestandsaufnahme der Lernenden hinsichtlich der erzielten Lernergebnisse.

Alle genannten Faktoren sind ausschlaggebend für nachhaltige Lernerfahrungen und damit auch, wie oben erwähnt, für den Lerntransfer. Der Lerntransfer ist allerdings eine weitere Aktion der Lernenden, die ebenfalls einer Unterstützung bedarf, um gut zu gelingen.

Blended Learning als optimale Organisationsform

Der Lerntransfer ist eine Frage der Zeit und auch der Gelegenheit. Es kann nicht erwartet werden, dass neu erworbenes Wissen unmittelbar umgesetzt wird, bevor noch die neuen Erkenntnisse von Lernenden vollkommen verarbeitet wurden und Möglichkeiten für ihre Umsetzung sichtbar werden.

Deswegen ist vor allem in der beruflichen Weiterbildung die Organisation der Weiterbildung nach dem Prinzip des Blended Learning erfolgversprechend. Blended Learning wird in diesem Zusammenhang in folgender Weise verstanden: Die Weiterbildungsmaßnahmen erfolgen nicht kompakt in einer einmaligen und umfassenden „Face-to-Face-Veranstaltung“, sondern in Blöcke oder Module unterteilt. Zwischen den Modulen mit erforderlicher Anwesenheit gibt es Perioden normaler beruflicher Tätigkeit. Allerdings steht das vermittelte Wissen online zur Verfügung, ebenso wie der Lehrende, der über eine Internet-basierte Kommunikationsplattform angesprochen werden kann oder auch aktiv die Teilnehmenden anspricht und über erste Umsetzungsschritte berichten lässt.

Diese Organisationsform hat im Hinblick auf den Lerntransfer folgende Vorteile:

  • Lernen und Umsetzung können schrittweise erfolgen. Der Fokus kann jeweils auf einen eingegrenzten Aspekt gelegt werden. Lernmaterialien und Lehrende stehen online zur Verfügung, die Umsetzung erfolgt sozusagen unter „Supervision“.
  • Im folgenden Präsenzmodul können die gemachten Erfahrungen auch in der Gruppe ausgetauscht und somit weiterentwickelt werden.
  • Das neue Wissen wird in die Praxis mitgenommen, dort schrittweise umgesetzt, aber es können auch Fragen, die sich beim praktischen Tun ergeben, wieder in die nächste Präsenzlehrveranstaltung eingebracht werden.

Die Bedeutung von Transferaufträgen

Der Brückenschlag zwischen dem Lernen in den Präsenzmodulen (dem Lernfeld) und der Übertragung des Gelernten in das persönliche Arbeitsfeld kann durch die Erteilung von Transferaufträgen unterstützt werden. Am Ende jedes Moduls erhalten die Teilnehmenden eine Aufgabe, die an die vermittelten Lerninhalte anknüpft und die sie für ihr individuelles Berufsfeld lösen sollen.

Dazu ein Beispiel: In einem Weiterbildungsprogramm für betriebliche Trainerinnen und Trainer werden in einer Präsenzphase Grundlagenwissen und Methoden zur Entwicklung von Kompetenzprofilen für eine Zielgruppe besprochen. Die Teilnehmenden erhalten den Auftrag, für eine ihrer konkreten Trainingsgruppen ein solches Kompetenzprofil zu erstellen, das dann als Basis für die relevante Gestaltung ihres Trainingsangebots dient.

Im nächsten Modul wird die didaktische Planung eines effektiven Trainings behandelt. Die Teilnehmenden erhalten den Auftrag, ein geeignetes didaktisches Konzept unter Berücksichtigung des neu erworbenen Wissens zu gestalten. Wenn möglich, sollen sie dieses auch gleich erproben, wodurch sich der geplante Wechsel zwischen Lernen und Umsetzen fortsetzt.

Unterstützung im Arbeitsfeld

Oft liegt es an der mangelnden Unterstützung am Arbeitsplatz, wenn neu erworbenes Wissen nicht umgesetzt wird. Wenn einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin eine Weiterbildung bewilligt wird, so sollten bereits im Vorfeld das beiderseitige Interesse von Vorgesetztem und Mitarbeiter an der Maßnahme geklärt und die zu erreichenden Ziele formuliert werden. Unmittelbar nach der Rückkehr des Mitarbeiters werden Lernergebnisse besprochen und Umsetzungsschritte festgelegt. Auch die Zeitpunkte für die Überprüfung des Erreichten werden bestimmt. Weitere MitarbeiterInnen, die von der Umsetzung betroffen sind oder die sie mittragen sollen, werden in diese Prozesse einbezogen.

Auch diesbezüglich erweisen sich ein Blended-Learning-Konzept und Transferaufträge als förderlich. Sie ermöglichen, die Vorgesetzten und KollegInnen von WeiterbildungsteilnehmerInnen kontinuierlich zu informieren und an der Umsetzung mitwirken zu lassen.

Das Master-Programm „Professional Teaching and Training“ als Modellbeispiel

Der Universitätslehrgang „Professional Teaching and Training (MA)“, der an der Donau-Universität Krems zur Weiterbildung betriebsintern und überbetrieblich tätiger Trainerinnen und Trainer angeboten wird, wurde in Aufbau und Inhalt so gestaltet, dass er als Modellbeispiel für professionelle TrainerInnen dienen kann: Er beinhaltet eine Abfolge von aktivem und sozialem Lernen in den Präsenzmodulen und von Online-Phasen, Transferaufträge (die zum Teil die Mitwirkung von Vorgesetzten und KollegInnen erfordern) und bietet Zeit für Feedback und Reflexion. Den Erfolg dieses Lernkonzepts hat eine kürzlich vorgenommene Evaluierung des Programms bestätigt.

Über die Autorin:

Univ.-Prof. Dr. Monika Petermandl ist wissenschaftliche Leiterin des Universitäts-Lehrgangs „Professional Teaching and Training (MA)“ an der Donau-Universität Krems.

Weitere Informationen über die Donau-Universität Krems

 
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