Ein Konflikt! Oje, ein Konflikt? Na und, was ist denn schon so schlimm daran? Konflikte gehören dazu! Wir sind schließlich alle „nur“ Menschen. Menschen mit unterschiedlichen Wünschen, Vorstellungen und Zielen – ob Verkäufer oder Kunde, ob Außendienstler oder Einkäufer. Erstaunlich, dass sich viele im Vertrieb ein konfliktfreies Leben wünschen. Dabei wäre es doch langweilig und eine Entwicklung ebenfalls nur schwer möglich. Denn: Ohne (gelöste) Konflikte kein Wachstum – weder persönlich noch als Unternehmen.
Das heißt aber nicht, dass wir Konflikten machtlos gegenüberstehen und sie einfach auf uns zurollen lassen sollen. Je besser wir ihnen gegenüber sensibilisiert sind, umso leichter erkennen wir bestimmte Konflikte und umso einfacher können wir dazu beitragen, sie zu lösen. Damit es irgendwann einmal heißt: Ein Konflikt? Hurra, ein Konflikt!
Konflikte haben die Bedeutung, die man Ihnen gibt
In der zwischenmenschlichen Kommunikation gibt es eine Vielzahl verschiedener Konflikte. Tatsächlich ist es schon nahezu Zufall, wenn sich zwei Menschen unterhalten und sich beide auf Anhieb zu 100% verstehen. Jeder lebt in seiner Welt und aus deren Perspektive heraus fällt es manchmal schwer, eine andere Sichtweise einzunehmen. Und schon haben wir es: Die Spannung, die Unstimmigkeit, die Auseinandersetzung, die Kontroverse, das Zerwürfnis – von manchmal Kampf, ja sogar Krieg, den wir im privaten Leben ebenso austragen wie im Geschäftsleben, ganz zu schweigen. Manchmal haben wir Konflikte mit anderen Menschen, manchmal aber auch mit uns selbst. Um sich dieser zukünftig bewusster zu werden, hilft nachfolgende Übersicht der wichtigsten Konfliktarten inklusive erster Lösungsimpulse:
Sozialer Konflikt
Ein sozialer Konflikt beruht auf einer anderen Denkweise und Meinung. Ganz einfach lässt sich dies anhand der Politik erklären: Da gibt es auf der einen Seite Parteien und auf der anderen Seite – und manche tummeln sich in der Mitte. Erfahrungsgemäß können sich diese Gruppierungen untereinander weniger gut leiden – weil sie über bestimmte Themen anders denken, Zusammenhänge anders erklären und in grundlegenden Dingen anderer Meinung sind. Auch im Verkauf gibt es beispielsweise Kunden, die ein Angebot nicht wahrnehmen, bestimmte Produkte nicht kaufen wollen – weil sie es für sich so nicht verantworten können. Weil sie sagen „das ist nicht meine Philosophie, das passt nicht zu mir“. Hat also ein Verkäufer Kunden, die eine komplett andere Meinung und Denkweise haben, wie er selbst bzw. das Unternehmen, das er vertritt, ist es salopp gesagt „vergebene Liebesmüh“. Tatsächlich lohnt es sich nicht, sich weiter mit diesen Menschen zu beschäftigen und immer wieder aufs neue Konflikte zu riskieren. Es wird dort niemals kurzfristig eine Einigung geben. Darum ist es im Verkauf auch so wichtig, nach Gleichgesinnten zu suchen!
Innerer Konflikt
Getreu dem Motto „es schlagen zwei Seelen in meiner Brust“ lebt der innere Konflikt bei vielen Verkäufern immer wieder auf: „Ja auf der einen Seite müsste ich jetzt Büroarbeit machen, auf der anderen Seite kommt heute Abend ein neuer Marvel Film ins Kino und den will ich unbedingt gucken. Boah, was mach ich nur? Das oder das?“ Ähnlich geht es manchem Kunden: „Schmeiß ich jetzt meinen bisherigen Lieferanten über Bord, weil er mich oft genug hat sitzenlassen? Oder soll ich ihm noch eine Chance geben? Halte ich durch oder gehe ich zu dem anderen?“ Das „zwei Seelen in einer Brust“ ist ein ganz normales Phänomen für uns Menschen. Interessanterweise gibt es viele, die dann sagen „Naja, ich bleib lieber bei meinem Anbieter, auch wenn ich nicht ganz so glücklich bin, weil wer weiß, vielleicht wird es bei einem anderen ja noch schlimmer“. Merken Verkäufer, dass zwei Seelen in der Brust des Kunden schlagen, hilft es, einfach mehr Fragen zu stellen. So findet der Verkäufer heraus, was der Kunde wirklich will, welche Ziele er hat. Und so kann der Verkäufer dem Kunden gegebenenfalls auch Argumente geben, damit er es selbst erkennt und schließlich sagt „Stimmt, mit der bisherigen Firma ist es schlimm genug, jetzt reicht es. Ich komme nun zu dir und gebe eurem Angebot eine Chance“.
Struktureller Konflikt
Strukturelle Konflikte gibt es in Unternehmen sehr häufig – und umso mehr, je größer sie sind. Da gibt es dann nämlich diese Abteilung und jene Abteilung und die Unternehmensstruktur sorgt dafür, dass es hier und da einmal „rappelt im Karton“. Die eine Abteilung wundert sich über irgendwelche komischen Vorgaben von der anderen Abteilung. Und der Vertriebsmitarbeiter denkt sich bei der Anweisung des Abteilungsleiters nur „Mein Gott, was hat das mit unserem Ziel zu tun? Was soll denn das?“ Ich selbst hatte einen solchen strukturellen Konflikt, als ich 2009 als Verkäufer im Außendienst in der Markenartikelindustrie tätig war. Damals musste ich jeden Abend Tagesberichte machen. Nicht online, nein mit zwei Blaubögen musste ich aufschreiben: Kunde xy, Umsatz z, den und den Schwerpunkt abgesetzt. Ich fand das absolut sinnlos, weil an sich konnte jeder abends am Computer, nachdem ich die Aufträge überspielt hatte, sehen, was ich verkauft hatte. Trotzdem wurde von mir erwartet: So musst du das machen! Lösung hatte ich damals keine, außer mich zu fügen und mich schließlich bald darauf als Trainer selbstständig zu machen, um mich mit dem Sinn unter anderem von strukturellen Konflikten zu beschäftigen.
Beurteilungs- und Zielkonflikt
Beim Beurteilungskonflikt geht es um den Lösungsweg bzw. Meinungsverschiedenheiten darüber. Dem gegenüber steht der sogenannte Zielkonflikt, bei dem die Unstimmigkeiten dadurch entstehen, dass es unterschiedliche Antworten auf die Frage gibt „wo wollen wir eigentlich hin?“. Wichtig ist hier, sich zunächst einmal klar zu werden, welcher dieser Konflikte überhaupt vorliegt. Haben wir also ein Problem mit dem „richtigen Weg“ zur Lösung oder streben wir „grundsätzlich ein anderes Ziel“ an? Hierfür ist eine offene Kommunikation entscheidend – sowohl bei der Konfliktdefinition als auch hinterher bei der Suche nach einer Konfliktlösung, die alle Beteiligten mittragen wollen und können.
Beziehungskonflikt
Manche Menschen können wir einfach nicht leiden. Auf den ersten Blick und aus dem Bauch heraus treffen wir eine Entscheidung oder vielmehr trifft unser Unterbewusstsein diese und dann ist es schwer, diese Einordnung „Freund oder Feind?“, „mag ich oder mag ich nicht“ wieder rückgängig zu machen. Es gibt manche Menschen, die gucken Videos auf YouTube und denken „was ist denn das für ein Idiot?“. Manche klicken den dann gleich weg, andere meinen, sie müssten erst noch eine Bewertung hinterlassen und sind dann auch weg. Das ist (leider) ganz normal. Wir können nicht mit jedem. Wie schon beim sozialen Konflikt, ist es deshalb für Verkäufer umso wichtiger, dass sie sich einfach mehr Menschen suchen – und das sowohl im eigenen Unternehmen als auch auf Kundenseite, die in die Richtung gehen, in die auch der Verkäufer gehen will.
Rollenkonflikt
Den klassischen Rollenkonflikt habe ich im Verkauf oft selbst erlebt. Beispielsweise hatte ich manchmal Kunden, die mochte ich als Mensch sehr gerne, aber die Mahnung war nun einmal auch da. Der Kunde schuldete meinem Unternehmen Geld. Ein Rollenkonflikt: Als Privatperson würde ich gerne zum Kunden gehen und sagen „Ach komm, wird schon. Nein, ich jag jetzt nicht das Inkassoinstitut zu dir“. Aber in der Rolle als Verkäufer und Repräsentant des Unternehmens, muss ich zu ihm sagen „Du, wenn du jetzt nicht zahlst, setzen sich Räder in Bewegung, die kann ich nicht mehr aufhalten“. Genau dieser Rollenkonflikt „was mach ich jetzt? Das würde ich gerne, aber das muss ich“ zeigt deutlich auf, dass wir in der Rolle des Verkäufers nicht immer nur kuscheln dürfen. Wir müssen das Interesse des Unternehmens durchsetzen. Manch ein Verkäufer ist gerade beim Rollenkonflikt unsicher „Mensch, wie bringe ich beim Kunden überhaupt eine Mahnung ins Gespräch?“ Beispielsweise so: „Herr Kunde, ich habe da eine Information bekommen aus unserer Buchhaltung, lassen Sie uns mal kurz drüber reden“. Eine Information aus der Buchhaltung klingt wesentlich lockerer als „BÄM, ich hab hier schon wieder eine Mahnung, was haben Sie sich denn dabei gedacht?“. Leichter fällt es, wenn wir uns – wie auch eingangs zum Thema Konflikte erklärt – bewusst machen: Es ist niemals ein Unternehmen, dass nicht zahlt, sondern immer ein Mensch, der nicht zahlt. Wobei wir wieder bei unseren so individuellen Wünschen, Vorstellungen und Zielen wären.
Nach diesem Überblick über eine kleine Auswahl möglicher Konflikte im Verkauf, fassen wir kurz zusammen. Erstens: Es ist ganz normal, dass es Konflikte gibt. Zweitens: Wir sind alle Menschen, das vergessen wir manchmal – und sehen in unseren Kunden nur Kunden. Nein, der Kunde ist auch ein Mensch! Und jeder – ob Verkäufer oder Kunde – tut sich manchmal schwer mit den so unterschiedlichen Vorstellungen des Anderen.
Meist ist es schon hilfreich, Konflikte einfach offen anzusprechen, im Sinne von „Herr Kunde ich habe irgendwie das Gefühl, dass …“, um eine Brücke zu bauen. Verkäufer sollten sich – gerade, wenn es um Konflikte geht – besser vorbereiten auf manche Gespräche. Als Verkäufers haben wir nun einmal auch die Aufgabe, durchaus kritische Dinge zu thematisieren. Es ist nicht unsere vorrangige Aufgabe, uns im Job immer wohlzufühlen. Es ist unsere vorrangige Aufgabe, unsere Kunden voranzubringen und unser Unternehmen dabei zu unterstützen, die vertrieblichen Ziele zu erreichen.
Über den Autor:
Ehrlichkeit verkauft. Das ist das Credo des vielfachen Autors, Verkaufstrainers und Redners Oliver Schumacher. Seine Mission ist nicht nur, dass Unternehmen ihre vertrieblichen Ziele dauerhaft erreichen, sondern auch dass Verkäufer in Zukunft einen höheren gesellschaftlichen Stellenwert genießen. Der Mittvierziger arbeitete selbst über 10 Jahre überdurchschnittlich erfolgreich im Verkauf für einen Markenartikler. Er ist Sprechwissenschaftler (M.A.) und Diplom-Betriebswirt (FH).