Gemeinsam gewinnen mit dem Erfolgsfaktor Kooperation – Schritt 1: Verbinden

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Das Mango-Prinzip*

Hierarchische Strukturen, ergebnisorientierte Karrierepfade, konkurrierende Zielvereinbarungen und der Kampf um Budgets oder Leistungszulagen forcieren eine abgrenzende ICH-Perspektive. Deshalb übersehen wir leicht, dass wir immer Teil eines größeren Systems sind, mit dem wir gemeinsam gewinnen oder untergehen.

Systemische Zusammenhänge können wir uns wie ein Mobile vorstellen. Jedes Teil hängt zwar an seinem eigenen Faden, sobald jedoch eines der Elemente seine Position verändert, bewegen sich auch alle anderen Teile bis wieder Balance hergestellt ist. Selbstbestimmung wurde in den letzten Jahren so sehr propagiert, dass wir manchmal vergessen, wie viele Menschen noch daran beteiligt waren, dass wir nun genau an diesem Punkt im Leben stehen. Wie viele Menschen haben zum Beispiel mitgewirkt, dass wir an einem bestimmten Schreibtisch, in einem bestimmten Gebäude und an einer bestimmten Unternehmensposition sitzen? All die Menschen, die uns unterstützt oder durch ihre Nichtunterstützung herausgefordert haben. Diejenigen die planten und physisch daran arbeiteten. Und nicht zuletzt all die Menschen, die dazu beitragen, das alles zu erhalten bis hin zur Reinigungskraft, die den Papierkorb leert.

Ein gemeinsames Ziel verbindet…

Zu kooperieren heißt, mit anderen gemeinsam auf ein Ziel zuzusteuern. Das ist nur möglich, wenn wir zu anderen Verbindung und Nähe aufbauen. Vergleichbar mit einem Flugzeug, das nur dann sicher ankommt, wenn alle Teile gut verbunden sind und bis zum Ziel zusammenhalten. Mit Menschen, die uns ähnlich sind, fällt uns diese Verbindung meist um einiges leichter. Der Nutzen einer Kooperation steigt aber erfahrungsgemäß je unterschiedlicher die Beteiligten sind. Nur dann kommen zusätzliche Fähigkeiten, Perspektiven und Ideen ins Spiel. Und genau dann stehen wir vor der Herausforderung, mit dieser Unterschiedlichkeit umzugehen.

…bei allen Unterschiedlichkeiten.

Die Natur hat uns Menschen genetisch so ausgestattet, dass wir mit Unterschiedlichkeit zurechtkommen können. Durch unsere Gestik und Mimik können wir in Sekundenbruchteilen auch mit wildfremden Menschen eine Verbindung aufbauen. Unsere Spiegelneuronen erlauben uns sogar vorauszudenken, was ein anderer Mensch als nächstes tun wird. Die sogenannten Mikroexpressionen – das sind kleinste Bewegungen unserer Mimik, die Gefühle ausdrücken – sind über alle Kulturen hinweg gleich, sodass wir uns unbewusst in andere einfühlen können, egal ob ein Europäer oder ein Eskimo vor uns steht. Professor Dr. Tomasello vom Max-Planck-Institut Leipzig fand in Studien mit Kleinstkindern heraus, dass diese bereits mit 18 Monaten in der Lage sind zu erkennen, wenn jemand Hilfe braucht und den natürlichen Impuls haben, diese auch zu leisten. Und das ohne dass sie trainiert oder besonders motiviert wurden. Ja, sie kannten die Person, der sie halfen nicht einmal besonders gut.

Vergleichen führt zur Abgrenzung…

Trotzdem: Wenn Menschen Dinge anders tun, als wir sie tun würden oder wenn sie sich anders verhalten als wir, sind wir schnell irritiert oder verunsichert. Also beobachten wir genauer. Und sehen noch mehr Unterschiede. Schlimmer noch, wir beginnen zu vergleichen. An sich ist die Fähigkeit, vergleichen zu können, eine tolle Gabe. Sie hilft uns, Risiken zu vermeiden – zum Beispiel dann, wenn wir die Straße überqueren wollen und einschätzen müssen, ob das Auto schneller hier ist als wir laufen können. Im Umgang mit anderen Menschen führt uns dieses ständige Vergleichen jedoch in die Abgrenzung und damit in die Konkurrenz. Er verdient mehr als ich, sie bekommt die verantwortungsvolleren Aufgaben, er spricht schlechter Englisch, sie hat weniger verkauft…

…dabei sind wir doch gar nicht so anders!

Verbindung entsteht, wenn wir uns auf das konzentrieren, was uns verbindet anstatt auf das, was uns trennt. Gemeinsame Ziele und Interessen zum Beispiel. Im Berufsleben sind die nicht immer offensichtlich. Doch letztendlich gehören sowohl das Controlling als auch die Forschungsabteilung zum selben Unternehmen und beide werden nur dann weiter existieren, wenn das gesamte Unternehmen weiter existiert. Selbst mit dem Kunden haben wir etwas gemeinsam. Auch wenn unsere individuellen Ziele wahrscheinlich nicht dieselben sind, wollen wir doch beide erfolgreich sein und gute Ergebnisse erzielen. Allein das wahrzunehmen, überbrückt häufig schon den Graben, der sich bei kontroversen Verhandlungen auftut. Weil wir aufhören uns vorzumachen, wir wären anders oder berechtigter.

Gezielt Gemeinsamkeiten suchen und finden

Wie die Beispiele gezeigt haben, sind wir in der Lage, die Verbindung gedanklich herzuleiten – weit stärker wirkt sie aber auf der persönlichen Ebene. Wenn uns Menschen sympathisch sind, fühlen wir uns ihnen eher verbunden, als wenn uns Menschen unsympathisch sind. Ein wichtiger Sympathiefaktor ist der Eindruck, dass wir etwas gemeinsam haben. Eine Untersuchung zeigt, wie sehr es sich lohnt, dafür etwas Zeit zu investieren: So wurden bei einem Versuch Studenten in verschiedene Gruppen aufgeteilt. Alle erhielten den Auftrag, innerhalb der Gruppe miteinander zu verhandeln. Der einen Gruppe sagte man: „Zeit ist Geld! Beginnt sofort mit der Verhandlung.“ Die andere Gruppe wurde aufgefordert: „Bevor ihr mit dem Verhandeln beginnt, nehmt euch etwas Zeit, um einige persönliche Informationen auszutauschen und eine Gemeinsamkeit zu finden.“ Diejenigen, die sofort mit dem Verhandeln begannen, erreichten zu 55 % eine Einigung. Diejenigen, die erst nach einer Gemeinsamkeit suchten, erreichten zu 90 % eine Einigung. Ein Projektkollege mag uns auf den ersten Blick nicht so sympathisch sein, wenn wir aber herausfinden, dass er – genau wie wir – leidenschaftlicher Kite-Surfer ist, verbindet uns das und sein Sympathiewert steigt. Im Übrigen haben wir ein gemeinsames persönliches Thema, auf das wir uns zurückziehen können, wenn es in der fachlichen Zusammenarbeit doch einmal hakt. Es lohnt sich also in jedem Fall, Zeit zu investieren, um die Menschen besser kennen zu lernen, mit denen wir kooperieren wollen oder müssen.

Die Fähigkeit, sich zu verbinden braucht

  • Empathie – sich in andere einfühlen zu können und zu wollen.
  • Menschenkenntnis – mit Unterschiedlichkeit umzugehen, indem wir sie verstehen und akzeptieren.
  • Reflektionsfähigkeit – einen Schritt zurückzutreten und die Situation aus einer höheren Perspektive zu betrachten.
  • Systemisches Verständnis – Zusammenhänge zu erkennen, sich als Teil eines größeren Systems zu betrachten und seine Rolle darin zu verstehen.

Dem *Mango-Prinzip zugrunde liegt folgende Geschichte:

Gerd ist Anthropologe und besucht einen Stamm in Malawi, Südostafrika. An diesem Tag zeigt er einen Korb voller frischer duftender leuchtender Mangos den Kindern des Stammes, in deren großen Augen man praktisch lesen kann: „Wie komme ich an die Mangos?“ Er stellt den Korb 300 m entfernt unter einen Affenbrotbaum und sagt: „Heute machen wir ein Wettrennen, ich zähle bis drei, dann rennen alle los und wer zuerst beim Korb ist, der gewinnt die Mangos!“ Gerd zählt ein „eins, zwei und drei!“ Doch die Kinder laufen zu seiner Überraschung nicht sofort los. Sie schauen sich in die Augen, fassen sich an den Händen und spurten erst dann los. Kurz vor dem Korb bleiben sie noch einmal stehen, vergewissern sich, dass sie gleichauf sind und gehen dann absolut gleichzeitig über die Ziellinie. Die Kinder jubeln und beratschlagen, was sie mit den Mangos machen, damit alle etwas davon bekommen.

Über die Autorin:

Ulrike Stahl denkt Kooperation nicht nur neu, sie lebt und lehrt sie auch. Mit ihrer in London lebenden Schwester hat sie über die Ländergrenzen hinweg ein gemeinsames Unternehmen aufgebaut. Über 2000 Unternehmer unterstützte sie bereits bei der Vernetzung und dem Geschäftsaufbau. Seit 12 Jahren trainiert und coacht die Wahl-Schweizerin Teams und Führungskräfte von DAX-Unternehmen und Mittelständlern weltweit. Studiert und gelernt hat sie den strukturiertesten Beruf der Welt: Dipl. Verwaltungswirtin. Sie liefert den Beweis, dass Struktur und Inspiration erfolgreiche Partner sind.

 
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