Was ist das Leben? Und noch wichtiger die Frage: Was macht es mit uns? Die Einen sagen, es macht uns zu dem Menschen, der wir sein sollen. Andere wiederum sind der felsenfesten Überzeugung, dass das Leben mehr fordert als es gibt. Und dann gibt es die Mutigen, die zeitweise Verrückten unter uns, die nicht müde werden zu beteuern: Nicht das Leben macht etwas mit uns, wir sind es, die etwas daraus machen dürfen.
Vom streikenden Scheibenwischer, der uns einen Umweg zum Autohaus aufzwingt, obwohl wir doch sowieso nicht wissen, wie wir unser Arbeitspensum heute schaffen sollen, bis zum zeitlosen und heilsamen Schwatz mit der Nachbarin am Gartenzaun, wenn wir einmal nicht ständig auf die Uhr sehen, die nächste Aufgabe schon im Blick: Das Leben hat uns fest im Griff, bietet schöne und weniger schöne Momente. Ungeschminkt zeigt es uns mal die kalte Schulter und nimmt uns ein anders Mal tröstend in den Arm. Der Ärger und auch die Freude stecken im Detail, weshalb es sich lohnt, einmal ganz genau hinzusehen, um Lebenslust und Lebensfreude pur zu entdecken. Im Alltag, im Hier und Jetzt, und einfach nur so.
Lieben, was wir tun
An manchem Morgen fliegen uns die Tagesaufgaben förmlich um die Ohren. Glücklich diejenigen, die eine Menge Lust zum Anpacken, Ausprobieren und Erledigen mitbringen. Zugegeben, das ist eine Frage der Lebenseinstellung. Wie wir an unsere alltäglichen Lebensaufgaben herangehen, wurde uns allen einmal gelernt. Im Elternhaus wurde der Grundstein zur Freude gelegt. Unser Freundeskreis hat uns weiter geprägt. Umso glücklicher die, denen die gute Laune in die Wiege gelegt wurde. Und umso herausfordernder für die, die als Kind nichts zu lachen hatten. Sicherlich kein schönes Erbe, aber auch keine Ausrede für das Hier und Heute. Denn: Auch Radfahren kann man mit 50plus noch lernen. Es ist sicherlich schwieriger, aber es ist möglich. So ist es auch mit der guten Laune. Wie das geht? Ganz einfach: Wir müssen uns nur bewusst machen, dass wir und nur wir selbst der Chef sind. Wir ganz alleine bestimmen darüber, ob uns eine Sache erfreuen oder ärgern kann. Wir haben es in der Hand, für freudvolle Momente in unserem Leben zu sorgen, uns zu motivieren. Nachdem wir uns nicht immer aussuchen können, was wir machen können, sollten wir in jedem Fall eines tun: Dafür sorgen, dass wir gerne tun, was wir tun müssen. Grund genug, uns öfter einmal zu fragen, was uns Antrieb und Anstoß gibt, aus schlichten Aufgaben wahre Erfolge zu machen, aus ungeliebten Notwendigkeiten tolle Gelegenheiten, aus überraschenden Aufgaben wunderbare Ergebnisse. Weshalb das so wichtig ist? Weil wir das, was wir gerne machen, auch gut machen – und daraus ganz leicht und wie selbstverständlich wieder neue Lebensfreude entsteht.
Zeitlos froh
Immer wieder erstaunlich, wie schnell Ärger unsere Lebensfreude in Gefahr zu bringen droht. Nehmen wir einmal den Moment an der Bäckertheke, wenn wir uns auf dem Weg in die Arbeit nur noch schnell eine Brotzeit kaufen wollen. Vor uns jemand, dem kein Parkplatz zu passen scheint. Und beim Bäcker dann auch noch ein Kunde, der sich nicht entscheiden kann, dafür aber den runden Betrag mit unendlich vielen kleinen Münzen zahlt, die er im Geldbeutel mühsam zusammensucht. Meist innerlich machen wir unserem Ärger Luft. Über die Zeit, die wir beim Bäcker verloren haben – Zeit, innerhalb der wir schon längst im Büro hätten sein können. Zeit, in der wir schon wieder das oder jenes hätten erledigen können. Wie wäre es wohl, wenn wir uns nicht länger über das Verhalten der anderen ärgern würden, sondern diese Menschen sogar bewundern würden. Wir könnten uns wünschen, von ihnen zu lernen, unser Leben zumindest von Zeit zu Zeit auch einmal etwas zu verlangsamen. Denn das tun diese augenblicksbegabten Menschen. Wie ein spielendes Kind, das die Welt um sich herum vergisst und eine halbe Stunde mit seinen Spielfiguren erlebt, die zeitloser nicht sein kann. Was sind unsere Momente der Langsamkeit? Momente, in denen wir zum Herr der Zeit werden und manche Augenblicke, wenn schon nicht länger, dann doch auf jeden Fall tiefer machen? Es lohnt sich, darüber nachzudenken und sich auf diese Weise etwas Langsamkeit ins Leben zu holen. Denn in der Ruhe liegt die Kraft. Und wer Kraft hat, der ist froh.
Es ist wunderbar und herausfordernd zugleich, sein Leben täglich zu gestalten, ihm Farbe zu verleihen, es immer wieder neu zu entwerfen und vor allem eines zu tun: Mittendrin zu sein im Augenblick. Denn genau dieser eine Augenblick ist das Leben. Wir sollten also wieder lernen, uns mit Haut und Haaren und von ganzem Herzen der Kostbarkeit eines Moments hinzugeben – getragen vom Wert des Augenblicks. Denn er ist es, der zählt. Gestern, heute und morgen.
Über die Autorin:
Kathrin Karban-Völkl, Religions- und Gestaltpädagogin, ist Texterin aus Leidenschaft, Referentin mit Begeisterung und Buchautorin voller Lebenskraft. Stets im Mittelpunkt stehen dabei die Menschen und das Leben mit all seinen Facetten. Sie bringt zur Sprache, was nach Ausdruck sucht – im geschriebenen und gesprochenen Wort als Versteherin, Befürworterin, Wortbastlerin, und Jetztmensch.