Auf das Bauchgefühl statt Google und ChatGPT vertrauen

Auf das Bauchgefühl statt Google und ChatGPT vertrauen
francescoridolfi.com
Lesedauer: 3 Minuten

Beim Treffen von Entscheidungen können Google & Co sowie KI-Tools wie ChatGPT nützliche Hilfsmittel sein. Doch entscheiden müssen wir stets selbst und dabei häufig auch auf unsere Intuition vertrauen. Also sollten wir sie trainieren.

Oft wünschen sich Menschen, wenn sie vor folgeschweren Entscheidungen stehen, eine Art inneren Kompass, der sie zielsicher durchs Leben führt. Und weil sie unsicher sind, ob sie einen solchen haben, fragen sie dann nicht selten Google & Co oder KI-Tools wie ChatGPT um Rat.

Das ist gut so, denn diese digitalen Hilfsmittel können uns wichtige Infos geben, die wir zum Entscheiden brauchen. Gefährlich wird es aber,

  • den Infos im Netz oder
  • den uns von KI-Tools gegebenen Empfehlungen

sozusagen blind, also mehr als unserem Bauchgefühl zu vertrauen, denn: Solche digitalen Tools wie Google oder ChatGPT kennen uns bzw unseren Betrieb nicht persönlich. Deshalb können ihre eher allgemeinen Infos und Empfehlungen zwar richtig bzw. zielführend sein. Sie können uns aber auch auf einen Holzweg führen.

Deshalb sollten wir bei folgeschweren Entscheidungen stets auch auf unser Bauchgefühl hören, zumal Studien belegen: Jeder Mensch verfügt über die Fähigkeit, Menschen und Situationen intuitiv richtig einzuschätzen. Sie ist bei ihnen nur verschieden stark ausgeprägt. Und noch eine erfreuliche Nachricht: Diese Fähigkeit lässt sich trainieren. Denn ob sich bei uns das richtige Gefühl einstellt, hängt auch von unserem Vorwissen und unserer Erfahrung ab.

Intuition basiert oft auf Erfahrung

So nimmt zum Beispiel ein routinierter Autofahrer meist brenzlige Verkehrssituationen eher wahr als eine Person, die gerade den Führerschein gemacht hat. Und erfahrenen Führungskräften sagt häufig ihr Bauchgefühl, wie sie sich zum Beispiel in einer Konfliktsituation verhalten sollten. Und Techniker, die schon seit Jahren bestimmte Maschinen warten und reparieren? Sie müssen zuweilen eine Maschine nur ansehen und schon wissen sie, warum diese nicht funktioniert.

Doch wie können wir unsere Intuition trainieren? Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist: Wir müssen zunächst akzeptieren, dass Emotionen sowie unser Unterbewusstsein viel stärker unser Verhalten bestimmen, als wir dies gemeinhin vermuten. Wir ticken nicht so rational, wie wir meist denken. Eine weitere Voraussetzung ist: Wir sollten bereit sein, auf unsere innere Stimme zu hören.

Wenn dies der Fall ist, können Sie selbst zahllose Übungen zum Schulen Ihrer unbewussten Wahrnehmung entwerfen. Angenommen Sie stehen mit vielen Menschen an einer Bushaltestelle. Dann können Sie sich, bevor der Bus ankommt und die Tür öffnet, fragen: Welche Personen werden wohl als erste den Bus besteigen? Oder Sie sitzen in einem Meeting. Dann können Sie sich fragen: Wann wird mein Kollege Mayer das Wort ergreifen und was wird er sagen? Wenn Sie sich solche Aufgaben regelmäßig stellen, werden Sie nach einiger Zeit merken: Ihre Prognosen sind häufiger richtig.

Auf die Signale des Körpers hören

Eine weitere Übung zum Schulen Ihrer Intuition ist die Selbstreflexion. Fragen Sie sich zum Beispiel jeden Abend: Welche Entscheidungen traf ich heute weitgehend intuitiv? Sie werden registrieren: Es sind mehr als Sie vermuten. Fragen Sie sich dann, ob diese richtig oder falsch waren. Und überlegen Sie sich anschließend, welches Gefühl Sie hatten, als Sie sich von Ihrer Intuition leiten ließen. Verspürten Sie ein Prickeln im Bauch als Aufforderung, etwas zu tun? Oder ein Gefühl der Verspannung im Nacken als Warnung, Ihrer ersten Eingebung nicht zu folgen?

Besonders gut können wir unsere Intuition in der Freizeit trainieren. Denn wer gestresst ist, arbeitet in der Regel Dinge nur mechanisch ab und ist nicht offen für Neues. Dasselbe gilt, wenn wir Angst haben. Dann nehmen wir unsere Umwelt nur noch durch einen Filter wahr. Anders ist dies, wenn wir relaxt sind.

Das Problem mit anderen Augen sehen

Deshalb sollten wir uns, wenn wir unser Unterbewusstsein als Ideenquelle oder Entscheidungshilfe nutzen möchten, zunächst in eine adäquate Stimmung versetzen. Zum Beispiel, indem wir Entspannungsübungen machen oder Entspannungsmusik hören. Auch beim Spazierengehen oder Duschen fällt Menschen oft plötzlich die Lösung für ein Problem ein, über das sie schon wochenlang gegrübelt haben.

Häufig hilft es auch, das Problem mit anderen Augen als gewohnt zu betrachten. Stellen Sie sich zum Beispiel vor, Ihr Problem sei eine Landschaft. Wie würde diese aussehen? Dunkel und bedrohlich oder eher hell und sonnendurchflutet? Eher geordnet wie ein Park oder wie ein Urwald? Oder stellen Sie sich vor, Ihre Herausforderung wäre ein Theaterstück. Wenn Sie das tun, werden Sie feststellen: Sie gewinnen einen neuen Blick auf Ihr Problem und in Ihnen steigen ganz neue Gedanken und Ideen empor.

Auch dem Bauchgefühl nicht blind vertrauen

Doch Vorsicht! Auch Ihrem Bauchgefühl sollten Sie – ebenso wie den Ratschlägen und Empfehlungen im Internet – nicht blind vertrauen, speziell dann, wenn Sie vor der Herausforderung stehen, eventuell ganz neue Wege zu gehen, denn: Nicht jeder Gedanke ist eine „zündende Idee“. Und nicht jede Emotion ist eine zielführende Intuition. Deshalb kann der Rat nur lauten: Hören Sie zwar auf Ihre innere Stimme und schulen Sie diese, damit Sie einen inneren Kompass für „richtig“ und „falsch“ haben. Doch vertrauen Sie Ihren Emotionen nicht blind. Denn gerade, wenn es um wegweisende Weichenstellungen in unserem Leben oder Betrieb geht, ist oft auch der gesunde Menschenverstand bzw. Sachverstand gefragt. Entsprechend hilfreich ist dann oft, sich persönlich mit Experten über das Problem auszutauschen, bevor wir unsere Entscheidung treffen.

Über die Autorin:

Liebermeister, BarbaraBarbara Liebermeister leitet das Institut für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ), Wiesbaden. Die Managementberaterin und Vortragsrednerin ist unter anderem Autorin des Buchs „Die Führungskraft als Influencer: In Zukunft führt, wer Follower gewinnt“.

 
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