Der Rhythmus der Natur existiert bei allen Lebewesen, also nicht nur bei Pflanzen, sondern auch bei Tieren und bei uns Menschen. Eingebunden in ein stetiges Auf und Ab unterliegen wir dem Grundsatz: Alles ist Schwingung. Alles wirkt in allem und auf alles. Ob wir krank sind oder gesund, uns wohlfühlen oder nicht, hängt auch damit zusammen, inwieweit wir im jahreszeitlichen Rhythmus leben und die Einwirkungen auf unsere Regulationssysteme berücksichtigen.
Den meisten Menschen ist grundsätzlich klar, dass Gesundheit nur mit einer gesunden Lebensführung möglich ist. Die Naturgesetze weisen uns dabei den Weg: Wir müssen trinken, sonst verdursten wir. Wir benötigen Sauerstoff zum Atmen und damit unsere Zellen ihre Aufgabe erfüllen können. Der Biorhythmus mit seinen kleinen und großen Abschnitten Tages- bzw. Schlaf/Wach-Rhythmus, Jahresrhythmus bis zum Lebensrhythmus etc. ist das universelle Ordnungsprinzip des Lebens. In ihm wird alles zusammengefasst und in Beziehung zueinander gebracht. Wenn wir es schaffen, das alles wieder in ein Gesamtkonzept zu integrieren, kann es tatsächlich gelingen, gesund zu werden und zu bleiben.
Die Wandlungsphasen
Die Wandlungsphasen stehen synonym für den in der westlichen Welt allgemein gebrauchten Begriff der Elemente. Beides geht zurück auf das chinesische „Wu Xing“, wobei „Wu“ fünf bedeutet und „Xing“ sich bewegen, wandeln. Das Ganze stellt also einen dynamischen Prozess dar. Der Begriff der Elemente zeigt hingegen eher ein statisches Bild, was dem Anspruch des „Wu Xing“ nicht gerecht wird. Deshalb sind die Wandlungsphasen sicher besser verständlich und vorstellbar, wenn es um unsere – ebenso dynamische – Gesundheit geht. Die Rhythmik der Wandlungsphasen ermöglicht uns Menschen zurück in den Einklang des betörenden Rhythmus der Natur zu kommen.
Grundstock einer ganzheitlichen Medizin
Alles, was in einer Jahreszeit entsteht, ob Krankheit oder Gesundung, ist dynamisch mit einer ganz bestimmten Wandlungsphase verknüpft. Daher ist deren Beachtung im täglichen Leben unerlässlich. In dieser Rhythmik zeigen bestimmte Organe und Organsysteme entsprechend der Jahreszeit eine optimale Funktion und eine Vorrangigkeit. Wie auch in der Natur spielt hierbei der Frühling eine entscheidende Rolle. Man kann sogar sagen, dass entsprechend der Rhythmik das Jahr nicht am 1. Januar beginnt, sondern Ende Februar/Anfang März, zum Einstieg in das Frühjahr.
Das Frühjahr (optimal 2. März – 3. Juni): Holz- und Entgiftungszeit
In der Holzzeit entfaltet sich das dynamische Wachstumsstadium durch die Bildung von Blättern und Zweigen. Die Holzzeit ist geprägt durch das Leber-/Gallesystem, durch den Leber- und Gallen-Meridian. Auf den Menschen bezogen ist das Frühjahr durch zwei Phasen gekennzeichnet. In den Monaten März und April ist die Zeit der Entgiftung und des Ausleitens. Die Natur gibt uns vor, dass vor dem Neuanfang das Loslassen steht. Befreit von dem, was ausgeschieden werden muss, folgt von Ende April bis Mai ziemlich gleichzeitig mit dem Erwachen der Natur im Garten die Zeit des Aufbaus, des Neubeginns, des Wiederbelebens. Der Körper beginnt nun, die Lebensenergie des Frühlings zu tanken und für das ganze Jahr aufzubauen. Genießen Sie das frische Grün, erleben Sie ganz bewusst das Erwachen der Natur. Lauschen Sie dem Zwitschern der Vögel, füllen Sie Ihre Lungen mit frischer Luft und wecken Sie Ihre Muskeln durch Bewegung im Freien. Atmen Sie endlich wieder richtig durch. Mit diesen Empfehlungen für das Frühjahr können Sie viel zur Stärkung Ihres Körpers beitragen.
Der Sommer (optimal 21. Juni – 30. Juli): Feuer- und Steuerzeit
In der Feuerzeit erfährt die Natur ihr höchstes Dasein in Farbe, Form und Blüte. Die Feuerzeit ist geprägt durch den Herz-/Kreislaufm-Meridian und das Hormonsystem. Auch für den Menschen ist der Sommer entscheidend für die Regulationsvorgänge im Körper. Nachdem die Entgiftungsphase im Frühjahr durchlaufen und das dynamische Wachstum in Gang gesetzt worden ist, entwickelt und entfaltet sich, ja explodiert die dynamische Kraft des Wachstums förmlich. Es ist die Zeit, in der wir Mut schöpfen, auch einmal aus uns herauszugehen, Grenzen zu überwinden, um voller Tatendrang und Aktivität unser Leben in andere Bahnen zu lenken. Die sich nun voll entwickelnde Fähigkeit des Körpers zu regulieren, geht nahtlos in die Erdezeit, die Zeit der Enzyme, des Blutes, des Stoffwechsels und des Nerven- sowie Immunsystems über. Meiden Sie alle Blockaden, die von außen einwirken, wie z. B. E-Smog, Geopathie, aber auch Medikamente. Es ist die Zeit, in der Schmerz- und Schlafmittel eine verheerende Wirkung haben. Wir sollten uns aber auch vor Überstimulation durch Stress und äußere Einflüsse schützen. Pflegen Sie Ihre Psyche, meiden Sie Alkohol, Kaffee, schwarzen Tee und stark stimulierende Gewürze und reduzieren Sie Zusatzstoffe auf ein Minimum.
Der Spätsommer (optimal 14. August – 23. September): Erde- und Stoffwechselzeit
In der Erdezeit werden die Früchte angesetzt, um Fülle zu bringen. Die Erdezeit ist geprägt durch das Magen-/Milz-/Pankreassystem. Auf den Menschen bezogen konzentriert sich dabei der Jahresrhythmus auf die Energieverteilung und damit auf die Stabilisation des Stoffwechsels und der Körperzellen. Die Bauchspeicheldrüse mit ihren Enzymen bewirkt eine optimale Ausnutzung des Speisebreis und sorgt für die Verteilung der Lebensmittel sowie eine bestmögliche Nutzung der Nährstoffe innerhalb der einzelnen Zellen. Sinnbildlich dargestellt: Wir ernten die Früchte der Erde. Die Stärkung des Stoffwechsels bewirkt eine Stabilisierung des Immunsystems und des Blutes. Das Nervensystem – und damit auch der empfindliche Magen – können auf diese Reserven zurückgreifen, sie stützen und stabilisieren. Wie die Frucht im Spätsommer heranreift, so konzentriert sich nun auch unsere Lebensenergie auf die Zeit der Reife, physisch wie psychisch.
Der Herbst (optimal 28. September – 30. November): Metall- und Schleimhautzeit
In der Metallzeit reift die Frucht heran, um sich letztendlich im Samen zu verwirklichen. Das welke Blatt stirbt mit dem Ziel zu reifen. Die Metallzeit ist geprägt durch den Lungen- und Dickdarm-Meridian. Für den Menschen ist es die Zeit, in der die Schleimhäute, weil sie vom Dickdarm abhängig sind, stabilisiert werden müssen. Sie stellen – gekoppelt mit der Lunge und der Haut – unsere Abgrenzung nach außen dar. Die Stärke der Schleimhaut bedingt eine Stabilität unserer inneren Werte, das Besinnen auf sich selbst. Ebenso stabilisiert sie das Immunsystem, stützt unsere immunologische Ausgangsfähigkeit und stärkt uns für den Winter, die Zeit der Infektionen, aber auch der Ruhe in unserem Körper. Wir können die innere Einkehr des Winters nur dann voll durchleben, wenn wir uns nach außen gut abgrenzen können – denn dann sind wir wahrlich wir selbst.
Der Winter (optimal 7. Dezember – 19. Februar): Wasserzeit und Zeit der Körperflüssigkeiten
In der Wasserzeit werden die in das Erdreich entlassenen Keime durch Quellung und Depolarisation mit all ihren Informationen und dem Maximum der potentiellen Energie freigesetzt. Es entstehen Spross und Wurzel. Die Wasserzeit ist geprägt durch das Niere-/Blase-System. Für uns Menschen ist der Winter die Zeit, in der alles verlangsamt wird. Es ist die Zeit, in der wir uns am besten auf unsere Yin-Energie konzentrieren können, die im Nieren-Chi begründet ist. Es ist die Zeit, in der alles nach innen fließt, um daraus neue Lebenskraft hervorzubringen. Es ist die Zeit aller bewegten und unbewegten Körperflüssigkeiten, also auch der Gewebs- und Zellflüssigkeiten, die sich nun regenerieren. Dies ist besonders essentiell für uns, denn wir bestehen zu über 70 % aus Wasser. Es ist die Zeit unserer psychischen inneren Einkehr, indem wir das Erlebte des Jahres in das neue Jahr einmünden lassen, in der wir die Yin-Energie des Körpers stärken und somit die Polarität des Yin und Yang wiederherstellen.
Würden wir entsprechend dieses Rhythmus leben, würde sich unser Leben, unsere Gesundheit zum Positiven hin verändern. Das Leben zeigt uns in vielen Fällen leider ein ganz anderes Bild: Krankheiten, zu einem großen Teil chronische, sind unsere täglichen Begleiter. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass wir uns im Alltag leider oft so weit vom Natürlichen entfernt haben, dass wir ebenso verlernt haben, unseren Biorhythmus zu begreifen und zu nutzen. Dazu passt ein Zitat des deutschen Physikers und Trägers des Alternativen Nobelpreises Hans- Peter Dürr: „Wie müssen die Natur nicht als unseren Feind betrachten, den es zu beherrschen und überwinden gilt, sondern wieder lernen, mit der Natur zu kooperieren. Sie hat eine viereinhalb Milliarden Jahre lange Erfahrung. Unsere ist wesentlich kürzer.“
Über den Autor:
Martin Keymer ist international anerkannter Fachdozent, Therapeut, Praktiker und unermüdlicher Forscher rund um das naturheilkundliche Paradigma Körper, Geist und Seele. Seine tiefen Einblicke gibt er seit 40 Jahren im Seminarstudium an Therapeuten weiter. Das von ihm gegründete l.M.U. College fokussiert dieses Wissen als internationale und unabhängige Forschungs- und Bildungseinrichtung.
Weiterführende Lektüre des Autors:
Der betörende Rhythmus des Lebens und der Natur, das stetige Auf und Ab, zeigt uns den ersten und zugleich wichtigsten Grundsatz, dem alles unterliegt: Alles ist Schwingung. Alles wirkt in allem und wirkt auf alles. So können wir Menschen mit Hilfe unserer Fähigkeit zu denken und zu entscheiden direkten Einfluss auf unsere Umwelt nehmen. Und doch unterliegen wir alle letztendlich den Gegebenheiten des Universums. Aus diesen Rhythmen können wir lernen, uns, unser Leben und unsere Individualität zu begreifen. Wir finden Wege, unsere Gesundheit physisch wie psychisch zu stärken und zu erhalten. Es ist ein wahres “Lebensbuch” für jeden Einzelnen.
Martin Keymer / Otto von Bressensdorf: Die Geheimnisse der Rhythmik des Lebens und des Universums – Ihre Bedeutung für das Gesundwerden und Gesundbleiben
208 Seiten, € 16,80