„Geräuschverschmutzung“: Lärm im (Arbeits-)Alltag und seine Folgen

Lärm im (Arbeits-)Alltag und seine Folgen
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Unser alltägliches Umfeld ist übervoll mit Geräuschen. Wie sehr uns und unser Gehör diese Geräusche prägen, wird uns erst bewusst, wenn wir in einem Wald oder an einem See die Ruhe „hören“, förmlich greifen und erleben können.

Alltag voller Lärm

Unser Alltag jedoch ist geprägt von Lärm – Verkehr, Baustellen, Menschen … Neben dem Alltagslärm sind zahlreiche Arbeitnehmer auch im Beruf einer besonderen (Lärm-)Belastung ausgesetzt: Ob die Mechanik laufender Maschinen in Fabrikhallen, Flurförderfahrzeuge und geräuschgeführte Kommissionierung in Logistikzentren, gut gemeinte, aber akustisch nur bedingt gut umgesetzte Großraumbüros oder laute Werkzeuge wie Bohrhammer oder Stampfer bei Handwerkern. In der Mittagspause geht es häufig weiter mit dem Lärm. Im Unterschied zur Arbeitszeit vermischen sich hier Gespräche, Gelächter und das Klappern von Geschirr zu einem wiederum relativ hohen Lärmpegel. Gesprächen kann hier und da oft schwer gefolgt werden, sehr lautes Sprechen oder sogar Schreien sind manchmal unumgänglich. Wie stark diese Geräusche, der Lärm, belasten können, merken Betroffene erst abends, wenn sie im wahrsten Sinn zu Hause zur „Ruhe“ kommen.

Warum schadet Lärm?

Laut Duden setzt sich Lärm aus „als störend und unangenehm empfundene[n] laute[n], durchdringende[n] Geräusche[n]“1 zusammen: Hierzu gehören zum Beispiel Straßenlärm, (Bau-)Maschinen, laute Musik, Kinderlärm und vieles mehr. All das erzeugt Stress. Der letztlich krank machen kann. Aber auch das Hörvermögen selbst wird durch Lärm beeinträchtigt und geschädigt. Eine Dauerbelastung ab 85 dB kann bereits zu einer Schädigung führen. Am Arbeitsplatz in der Fabrik oder auf dem Bau werden schnell über 100 dB erreicht. Ein Gehörschutz ist dann unbedingt notwendig und gesetzlich vorgeschrieben. Arbeitgeber sind gemäß §8 der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung sogar gesetzlich dazu verpflichtet, einen entsprechenden Gehörschutz zur Verfügung zu stellen.

Fahrlässigkeit führt zu Hörschädigung

Arbeitnehmer gehen dennoch allzu oft noch sehr fahrlässig mit dem Thema Gehörschutz um. Ein Grund dafür ist das mangelnde Wissen, wie Hören funktioniert und wie schnell es zu einer Hörschädigung kommen kann. Auch das Ausmaß in Bezug auf Folgeerkrankungen sowie die Erhöhung des Risikos einer dauerhaften Schädigung durch langes Abwarten sind meist nicht bekannt. Es macht also durchaus Sinn, sich den Hörvorgang genauer anzusehen. Denn, dass unser Gehirn ein wahres Wunderwerk ist und Meisterleistungen vollbringt, ist den meisten Menschen bekannt. Auch beim Hören werden solche Höchstleistungen des Gehirns notwendig. Der Grund dafür ist das notwendige Filtern der eintreffenden Geräusche. Erst dadurch wird es möglich, Gesprächen zu folgen. Andernfalls – ohne das Filtern – würden wir nur Lärm hören.

Hören: ein komplexer Vorgang

Hören ist etwas komplexer, als die meisten Menschen vermuten. Damit die eintreffenden Schallwellen genutzt und verarbeitet werden können, müssen sie mehrmals transformiert und verstärkt werden. Hierfür besteht das gesamte Hörorgan aus mehreren Elementen und wird untergliedert in Außenohr, Mittelohr und Innenohr.

Das Außenohr

Das Außenohr ist der sichtbare Teil des Gehörs und besteht aus der Ohrmuschel sowie dem äußeren Gehörgang, die zusammen einen Schalltrichter bilden. Darüber werden hauptsächlich Frequenzen von 2 – 4 kHz verstärkt, weshalb Lärm in diesem Frequenzbereich hauptsächlich zur Schädigung des Gehörs führt.2, 3 Durch linkes und rechtes Ohr werden richtungsgetrennte Schallbilder erzeugt. Hierdurch wird es möglich, die Richtung der Geräusche wahrzunehmen und sich im Raum zu orientieren. Zudem verhindert die Ohrmuschel, dass ständig Luftbewegungen wahrgenommen werden, da die entstehende Verwirbelung als Windbrecher wirkt.2

Das Mittelohr

Das Mittelohr dient der Impedanzanpassung (Anpassung der Widerstände). Diese Anpassung wird aufgrund der unterschiedlichen akustischen Widerstände (Impedanzen) von Luft (äußerer Gehörgang) und Flüssigkeit (Innenohr) notwendig. Gelangten die Luftschwingungen direkt an das mit Flüssigkeit gefüllte Innenohr, würden mehr als 99 % der Schallwellen reflektiert werden, sodass Hören nicht möglich wäre.2, 3 Durch den spezifischen Aufbau des Mittelohrs werden die eintreffenden Schallwellen in Körperschallwellen umgewandelt. Hierfür ist es vom Außenohr durch das Trommelfell abgegrenzt. Dieses wiederum überträgt die Schwingung über die Knöchelchenkette aus Hammer, Amboss und Steigbügel auf das Innenohr. Dabei wird aufgrund des Flächenunterschieds von Trommelfell zur Steigbügelfußplatte eine Schalldruckverstärkung von circa 27 dB erreicht.3

Das Innenohr

Schließlich dient das Innenohr dazu, den eintreffenden Schall in Nervenimpulse umzuwandeln. Erst diese können später durch das Gehirn verarbeitet werden. Das Innenohr besteht hierfür aus einem schneckenförmigen Hohlraum, weshalb es auch als Hörschnecke bezeichnet wird. In der Hörschnecke befinden sich drei mit Flüssigkeit gefüllte Gänge: die Vorhoftreppe, der Schneckengang und die Paukentreppe. Durch Zusammenpressen der Flüssigkeit in der Vorhoftreppe durch den Steigbügel entsteht eine Wanderwelle – je nach Frequenz ergibt sich an anderer Stelle in der Gehörschnecke eine maximale Auslenkung, wodurch die Unterscheidung der Tonhöhe möglich wird. Die in der Gehörschnecke befindlichen vielen Tausend Haarzellen werden durch die Wanderwelle in Bewegung gesetzt, wodurch es zu einer Umwandlung der Wellen in Nervenimpulse kommt.4 Gleichzeitig findet dabei eine erneute Verstärkung der Impulse statt. Über den Hörnerv werden die Impulse letztlich an das Gehirn bis zum Hörfilter weitergeleitet. Dieser trennt wichtige von unwichtigen Signalen und ermöglicht so das Verstehen. Erst dadurch können wir Gesprächen folgen und empfinden die alleinige Fülle der Geräusche nicht als Lärm.

Hörschädigung

Überlastungen des Ohres – kurzzeitige ebenso wie dauerhafte – können zur Schädigung führen. Dies geschieht einerseits bei sehr lauten Geräuschen ab 120 dB, andererseits aber auch bei einer Dauerbelastung von mehr als 85 dB, wie es beispielsweise in vielen Werkhallen der Fall ist. Die Erklärung: Die im Ohr angesiedelten Haarzellen benötigen bei Stress und Lärm wesentlich mehr Sauerstoff und Stoffwechselprodukte. Angelegte Reserven werden schneller aufgebraucht, aufgrund fehlender Ruhezeiten können diese aber nicht wieder aufgefüllt werden. Folglich werden die Sinneszellen zerstört4: Ein irreversibler Prozess. Geschädigte Sinneshärchen können keine Impulse mehr aufnehmen und weitergeben. Es gelangen weniger Geräusche zum Hörfilter, wodurch weniger Impulse verarbeitet werden. Folglich verringert sich dessen Leistungsfähigkeit: Das neuronale Netz passt sich den verminderten Reizen an, wodurch Nervenzellen verloren gehen und der Verzweigungsgrad reduziert wird. In Folge dessen wird ein Verstehen von Gesprochenem schwerer, bis es gar nicht mehr möglich ist (s. Infokasten „Hörfilter“). Töne, Worte, Klänge und Emotionen werden nicht mehr entschlüsselt.

Hören = gesellschaftliche und räumliche Orientierung

Der Mensch orientiert sich gesellschaftlich vor allem durch seine Sprache. Ist diese Orientierung aufgrund einer Hörschädigung beeinträchtigt, werden Menschen unsicher: Sie ziehen sich zurück, im Extremfall bis hin zur vollständigen sozialen Isolation. Die Krux: Durch diesen Rückzug wird das Gehirn immer weniger gefordert, was zu Einschränkungen in der geistigen Leistungsfähigkeit führen kann. Gleichzeitig sind Menschen, die schlecht hören, auch in ihrer räumlichen Wahrnehmung eingeschränkt. Denn das Gehör ist dafür zuständig, zu erkennen, aus welcher Richtung ein Geräusch kommt und wie weit entfernt es ist. Der Verlust dieser Fähigkeit verstärkt die Unsicherheit, kann sich außerdem negativ auf die Bewegungsabläufe auswirken.

Schutz des Gehörs

Regelmäßige Ruhepausen ohne jegliche Geräuscheindrücke schützen vor Erschöpfung und nachhaltiger Hörschädigung. In lauten Umgebungen sowie an Arbeitsplätzen mit hoher oder sehr hoher Geräuscheinwirkung ist ein entsprechender Gehörschutz unbedingt notwendig. Die dafür verfügbaren technischen Hilfsmittel sind vielfältig und können nach spezifischem Bedarf ausgewählt und angepasst werden. Mit einem individuell angepassten Gehörschutz, der den jeweiligen Bedürfnissen gerecht wird, wird das Gehör vor Lärm geschützt, ohne dabei akustisch zu isolieren: Das heißt, Sprache kann weiterhin sehr gut verstanden werden. Auch Alarmsignale werden nicht unterdrückt, sodass eine etwaige Gefährdung durch Überhören von Warnsignalen ausgeschlossen ist. Die individuelle Anpassung des Gehörschutzes ermöglicht ein angenehmes Tragegefühl, ohne Druckstellen oder Komforteinbußen. Selbst Hörgeräteträger können auf spezielle Lösungen zurückgreifen. Der Komfort wird dauerhaft erhöht, die Akzeptanz für den Schutz steigt, das Gehör bleibt intakt.

Experten-Tipp: Jährlicher Gehörtest

Experten raten, mindestens einmal im Jahr sein Gehör testen zu lassen. In diesem Rahmen kann gleichzeitig eine Beratung für den passenden Gehörschutz erfolgen, wenn eine entsprechende Belastung bekannt ist.

Wird dabei bereits eine Hörminderung festgestellt, empfehlen die terzo-Zentren so früh wie möglich mit einer entsprechenden Versorgung zu beginnen. Den Folgen eines Hörverlustes sollte zudem mit einer Kombination aus der speziell entwickelten terzo Gehörtherapie und einer guten Hörgeräteversorgung beziehungsweise einem passenden Gehörschutz entgegengewirkt werden. Es sorgt für geistige Fitness, bis ins hohe Alter hinein.

Über terzo:

„Übung macht den Meister“ – nach dieser Devise lässt sich nicht nur ein Instrument erlernen, sondern auch das Gehör trainieren. Die systematische terzo®Gehörtherapie bietet die Möglichkeit, die Hörfähigkeit Betroffener durch die Kombination aus Gehörtraining und Hörgeräten zu optimieren. Erstmalig angewandt im Jahr 2006, haben mittlerweile über 30.000 Menschen die terzo®Gehörtherapie genutzt. Sie können sich in einem der deutschlandweit vertretenen terzo-Zentren beraten und für ihre Behandlung aus einem Angebot herstellerüber-greifender Hörgeräte aller Leistungsklassen wählen.

Literaturverweise:

  1. Duden online, „Lärm,“ Duden online, [Online]. Available: https://www.duden.de/node/86519/revision/86555. (Abgerufen: Oktober 2019)
  2. P. D. m. R. Probst, „Anatomie und Physiologie des Ohres,“ in Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Stuttgart, Georg Thieme Verlag KG, 2008, pp. 144-153.
  3. D. m. H. W. Eichel, HNO-Heilkunde, Phoniatrie und Pädaudiologie für Sprachtherapeuten, München: Elsevier GmbH, 2015.
  4. D. m. F.-J. Ganz, Ohrgeräusche – Tinnitus-Sprechstunde, Stuttgart: Georg Thieme Verlag, 1989.
 
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