„Purpose“ macht Sinn: Wie sich Organisationen wandeln müssen, um zu bestehen

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Schon seit vielen Jahrhunderten denken Philosophen über die eine Frage nach: Was ist der Sinn des Lebens? Die universelle Antwort wurde auch von diesen Denkern nicht gefunden. Diese Tatsache war für viele Menschen der Grund, sich nicht weiter mit diesem Thema zu befassen. Sucht man allerdings nach dem Sinn des Lebens, impliziert das, dass es einen universellen Sinn gibt, der für uns alle gilt. Dieser Sinn ist – wenn man alle religiösen und spirituellen Ansichten ausblendet – wahrscheinlich wirklich nicht zu finden. Viel konkreter wird es, wenn man vom individuellen Sinn des eigenen Lebens spricht. Hier kann jeder Mensch für sich selber definieren, was dies sein soll.

In den letzten Jahrzehnten hatte diese Frage in der breiten Öffentlichkeit allerdings keine große Resonanz. Am ehesten bei Menschen, in der Mitte ihres eigenen Lebens. Da macht man sich oft kurz Gedanken, ob es das jetzt war und wie es weitergehen könnte. Die junge Generation orientierte sich lange an den Denkmustern der Eltern, die vor allem «Weiterkommen» und «Karriere» im Sinn hatten und damit ein starres Bild von Erfolg, Karriere und Wohlstand vorlebten.

Sinn & Menschen

Das alles sind gute Gründe, das Thema Sinn (im Unternehmen aber auch im eigenen Leben) näher anzuschauen. Schließlich geht es um das wertvollste, das wir besitzen: Unsere 30’000 Tage Lebenszeit, die wir rein statistisch geschenkt bekommen haben. Wenn Sie bereits 40 Jahre alt sind, haben Sie immerhin noch rund 15’000 Tage. Wenn wir uns jetzt aber ausmalen, dass viele Menschen bei ihrer täglichen Arbeit nicht glücklich sind, ist das erschreckend. Denn Montag bis Freitag verbringt man 8 bis 12 Stunden (je nachdem, wie hoch Sie schon die Erfolgsleiter erklommen haben) damit. Ist diese Zeit nicht erfüllend, wird man mit einer entsprechenden Energie und Laune nach Hause kommen und die eigene Familie damit „anstecken“ und (die Kinder) prägen.

Wir lernen heute nirgends, dass Arbeit auch Spaß machen kann. Dabei hat schon Mark Twain gewusst: „Je mehr Vergnügen du an deiner Arbeit hast, umso besser wird sie bezahlt.“ Finnlands neue Regierungschefin Sanna Marin (34) bringt die Viertage-Arbeitswoche mit sechs Stunden pro Tag ins Gespräch.

(https://www.welt.de/politik/ausland/article204794238/Finnland-Ministerpraesidentin-Marin-spricht-ueber-viertaegige-Arbeitswoche.html)

Auch wenn viele bereits verbal auf diese Idee einhauen, finde ich richtig und wichtig, dass man neue Konzepte der Arbeitswelt offen diskutiert. Dafür muss man allerdings offen sein und auch kritisch auf das Bestehende schauen können. Denn Anwesenheitszeit ist ja nicht gleich Produktivität. Was passiert an den Tagen vor dem Urlaub? Bei den meisten Arbeitnehmern steigt da die Produktivität unglaublich an. Warum? Weil man weiß, warum man heute den Schreibtisch leeren muss. Bestehendes hinterfragen und diskutieren. Dabei darf man allerdings auch überlegen, was heute schon sehr gut ist und was man vom Bewährten übernehmen will. Immer mit dem Ziel, eine Arbeitswelt zu schaffen, die echter und ehrlicher ist.

Business-Theater vs. Sinn im Unternehmen

Mein Rat, den ich in meinem Vortrag den Zuhörern mitgebe: „Hängen Sie in Ihrem Unternehmen eine Business-Bullshit-Wand auf!“ Wir sollten offen darüber nachdenken, was wir im Business eigentlich wirklich tun, ohne dass wir noch darüber nachdenken, warum wir es tun.

In Ihrem Unternehmen hängt noch ein verwaistes Leitbild? Fragen Sie drei Führungskräfte in Ihrem Unternehmen, welche Werte da in Schönschrift verewigt wurden. Meist ist die Erfolgsquote gleich null. Und sogar, wenn jemand mal aus Versehen einen Wert noch zitieren kann, scheitert er bei der zweiten Frage, wie dieser Wert gelebt und kommuniziert wird. Natürlich gibt es Unternehmen, die das hervorragend leben und machen. Der Großteil allerdings macht aus dem Leitbild eine Alibi-Maßnahme.

Welche Meetings sind eigentliche „Müdings“? Bei dem immer der Gleiche spricht und die teilnahmslosen Teilnehmer in ihr Smartphone blicken? Und natürlich sind immer alle Teilnehmer perfekt auf das Meeting vorbereitet. Denn wenn man dies ja nicht tun würde, würde das die Effektivität und die Ergebnisse des Meetings massiv schmälern.

Über Jahresgespräche, die man nur einmal im Jahr vornimmt und sich maximal 20 Minuten für jedes Gespräch einplant, möchte ich gar nicht mehr schreiben. Weil man wachsen möchte mit den Mitarbeitern, darum tut man das. In einer Sitcom würde man hier jetzt die Lacher einblenden.

Unsere Arbeitswelt ist existenziell für uns. Nicht nur, weil wir sehr viele unserer statistischen 30’000 Tage Lebenszeit damit verbringen, sondern weil wir uns auch über unsere Arbeit in der Welt „positionieren“. Die Arbeit hat einen wesentlichen Einfluss auf meine Lebensgestaltung, meinem Lebensstil. Darum lohnt es sich, hier genauer hinzusehen und neue Möglichkeiten und neue Ansichten zuzulassen.

„Purpose“ macht voll Sinn, um weiterhin Kunden und potenzielle Mitarbeiter zu erreichen

Sinn im Unternehmen zu „installieren“, funktioniert anders als alle Prozesse bisher. Sinn kann nicht befohlen oder vorgegeben werden. Sinn kann auch nicht erst ab einer gewissen Führungsstufe implementiert werden. Das ganze Unternehmen muss sich dafür bekennen. Führungskräfte dürfen lernen, dass sie noch mehr in eine Coach-Rolle wachsen dürfen. Aber vor allem muss ihnen selber ihr Sinn bewusst sein. Und dann darf die Führungskraft, das tun, was in der Funktionsbeschreibung steht, sie allerdings nur ganz selten dazu kommt: Führen.

Führungskräfte managen zu oft und arbeiten somit im Unternehmen, als das sie wirklich führen und damit am Unternehmen arbeiten. Ein elementarer Unterschied.

Unternehmen sollten ihre Vision und Mission auf Sinn abklopfen und auch den Mut haben, Dinge, die keinen Sinn (mehr) machen, einfach zu streichen. Als Führungskraft hat man dann die Aufgabe, die persönlichen Beweggründe (das Warum oder Wozu) den Mitarbeitenden immer wieder zu kommunizieren. Der Sinn des Unternehmens muss in jeder Kommunikations-Maßnahme mitschwingen und erkennbar sein.

In der Vergangenheit hat man versucht, Mitarbeiter zu motivieren und hat gelernt, dass dies nur sehr begrenzt und kurzfristig funktioniert. Dann wurde mit Goodies um sich geworfen. In einem Unternehmen in Deutschland sagte mir der CEO, dass „die da unten“ schon alles haben: Kostenlose Getränke, fast kostenloses Essen, Ruheräume, Tischtennis-Tische, ein eigenes Fitnesscenter mit eigenem Fitnesstrainer. Und jetzt beklagen sich „die Leute da unten“, dass der letzte Fitnesstrainer besser war als der aktuelle. Unglaublich? Nein. Logisch. Menschen gewöhnen sich enorm schnell an eine verbesserte Lage. Das hat mit der (inneren, intrinsischen) Motivation allerdings nur wenig zu tun. Wir müssen erkennen, dass es nur dann eine Veränderung gibt, wenn immer mehr Menschen erkennen, wozu sie früh morgens aus dem Bett steigen. Dass sie wichtig sind und einen wichtigen Beitrag für andere Menschen leisten dürfen. Diese Wichtigkeit, diese Wertschätzung hat man ihnen in den letzten Jahren oft genommen. Dank Prozessmanagement darf ein fähiger Mitarbeiter oft nicht einmal mehr einen Bleistift bestellen, da dies zentral erledigt wird und der Prozess dies nicht vorsieht. Botschaft: „Macht das, wofür wir dich bezahlen!“.

Sie denken jetzt vielleicht, dass vieles in diesem Artikel etwas überspitzt ist? Nein. In der Praxis in vielen Unternehmen in der Schweiz und Deutschland erlebe ich noch viel unglaublichere Situationen. Deshalb bin ich der festen Überzeugung, dass wir an dieser Sinnfrage nicht vorbeikommen, wenn wir noch einigermaßen erfüllend und vor allem bewusst leben möchten. Und genau dieses Bewusstsein ist ein wesentlicher Faktor, der uns vor einem Burn-out fernhält und uns erlaubt, weiterhin die richtigen und wichtigen Fragen zu stellen. Fragen an uns selber aber auch an die Arbeitswelt. Und bevor jemand auf die Idee kommt zu sagen, dass dafür zuerst eine Menge Veränderungen geschehen müssen, antworte ich gerne: Wir können warten, bis sich die Arbeitswelt verändert. Die wird sich aber nur verändern, wenn wir uns immer mehr entscheidende Fragen stellen. Sie wird sich nur ändern, wenn wir offener sind, unser bisheriges Tun zu hinterfragen. Und sie wird sich nur ändern, wenn wir jetzt damit anfangen. Schließlich geht es nicht nur um die gesamte Arbeitswelt. Es geht hauptsächlich um uns und unsere (statistischen) 30’000 Tage – oder was davon noch übrig ist.

Buchtipp:

Stefan Dudas

VOLL SINN – Nur was Sinn macht, kann uns erfüllen

Über den Autor:

Dudas StefanStefan Dudas ist Business-Experte für Sinngebung. Der Keynote-Speaker, Coach und Autor „VOLL SINN – Nur was Sinn macht, kann uns erfüllen“ legt humorvoll und tiefsinnig das Fundament für neue Denk-Ansätze. Sein Suxess-System für sinnbasiertes Management vermittelt Sinnhaftigkeit in Führung, Kommunikation sowie Motivation.

 
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